«Wir befinden uns in der saisonal schwächsten Zeit für Aktien im ganzen Jahr», sagt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst des Online-Brokers CMC Markets. «In den nächsten Wochen bleiben die Anleger auf einem unsicheren Terrain unterwegs.»

Dank einer Erholung von seinem am Montag erreichten tiefsten Stand seit Mitte Juni dämmte der US-Leitindex Dow Jones sein Wochenminus auf 0,6 Prozent ein. Der technologielastige Nasdaq 100 verzeichnete sogar einen Wochengewinn von 0,4 Prozent. Auf Wochensicht ergab sich für den Swiss Market Index ein knappes Minus. Im Vergleich zum letzten Handelstag vor dem Absturz vom vergangenen Freitag notiert der SMI indes noch immer 3,7 Prozent tiefer.

Der Portfoliomanagerin Marie de Leyssac vom Vermögensverwalter Edmond de Rothschild zufolge werden Investoren die anstehenden Konjunkturdaten auf mögliche Signale für eine US-Rezession abklopfen und sämtliche Aussagen von Notenbankern auf Hinweise zur Geldpolitik prüfen. Daher warteten sie bereits gespannt auf das jährliche Zentralbank-Treffen in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming Ende August.

Daneben beobachteten Börsianer den Krieg im Gazastreifen und dessen Auswirkungen aufmerksam, betont Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. «Ausbleibende Nachrichten aus dem Nahen Osten sind gute Nachrichten. Dennoch bleibt ein Angriff des Iran auf Israel ein Risiko, das viele Investoren weiterhin davon abhalten dürfte, bei den vermeintlich billigeren Kursen bereits wieder zuzugreifen.»

Hauptaugenmerk auf US-Einzelhandelsumsätze am Donnerstag

Ihr Hauptaugenmerk richten Börsianer auf die US-Einzelhandelsumsätze am Donnerstag. Der private Konsum gilt als Hauptstütze der weltgrössten Volkswirtschaft. Experten erwarten für Juli ein Plus von 0,3 Prozent zum Vormonat. Gleichzeitig werden die Zahlen zu den wöchentlichen Erstanträgen auf US-Arbeitslosenhilfe veröffentlicht. In der alten Woche hatte ein überraschend geringer Anstieg dieser Kennziffer die Rezessionsängste gedämpft.

In der neuen Woche stehen am Mittwoch die US-Inflationsdaten auf dem Programm, von denen sich Anleger Rückschlüsse auf das Tempo der erwarteten Zinssenkungen der Notenbank Fed erhoffen. Experten sagen für Juli eine Teuerungsrate von 2,9 Prozent im Jahresvergleich voraus. Dies ist etwas weniger als im vorangegangenen Monat.

«Insgesamt würden die Zahlen das Bild bestätigen, dass die Inflation im Trend fällt, und dies nachhaltig», erläutert Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz. «Für die US-Notenbank wäre wohl damit der Weg frei, ab September die Zinsen zu senken.» Derzeit rechnet etwa die Hälfte der Anleger mit einer Reduzierung um einen halben Prozentpunkt. Der Rest tippt auf einen Viertelprozentpunkt.

Unabhängig davon läuft die Bilanzsaison weiter auf vollen Touren. Unter anderem öffnen die UBS und der US-Einzelhändler Walmart ihre Bücher.

Unter dem Strich seien die bisher vorgelegten Geschäftszahlen recht positiv ausgefallen, sagt Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. Die Überschüsse der europäischen Konzerne lägen im Schnitt 5,7 Prozent über den Markterwartungen. «Dabei verzeichnen die Unternehmen aggregiert nach einem Jahr rückläufiger Gewinne wieder Anstiege. Zudem erhöhte etwa ein Drittel der Unternehmen seine Gewinnprognosen.»

(Reuters/cash)