Auch ein Krisenjahr des S&P 500 mit einem Kursverlust von rund 20 Prozent hält Analysten naturgemäss nicht davon ab, hohe Kursziele abzustecken. Voraussagen mit einem Upside von 60 Prozent sind bei Wachstumstiteln keine Seltenheit. Dies sind die Aktien, bei denen wegen hoher Erwartungen an die Zukunft die Bewertungen lange egal gewesen sind. 2022 aber sorgen die steigenden Zinsen dafür, dass ihnen an der Börse die Luft entwich. 

Nun enthalten die "top picks" der Analysten, wie sie die amerikanische Börsen- und Finanzwebsite "Investor's Business Daily" (IBD) zusammengetragen hat, eine Reihe von altbekannten Tech-Stocks. Vor allem der E-Autohersteller Tesla und der Onlinehandelskonzern Amazon fallen auf.

Grösstes Upside bei S&P-500-Aktien basierend auf 12-Monats-Kurszielen 

Unternehmen Ticker-
symbol
Kurs seit 
1. 1. 2022
Upside Branche
Dish Network DISH -57,4 Prozent 134,7 Prozent Internet-Satelliten-
fernsehen
Warner Bros. Discovery WBD -61,2 Prozent 125,6 Prozent Medien und Unterhaltung
Tesla TSLA -57,6 Prozent 79,6 Prozent Elektroauto
Catalent CTLT -65,9 Prozent 71,3 Prozent Medizinaltechnik
Amazon AMZN -49,2 Prozent 67,5 Prozent Onlinehandel und Software
Match Group MTCH -69,7 Prozent 65,6 Prozent Dating-Plattformen
Generac Holdings GNRC -74,2 Prozent 65,5 Prozent Generatoren
EQT Corporation EQT +65,5 Prozent 63,9 Prozent Ölindustrie
Global Payments GPN -31,3 Prozent 62,4 Prozent Zahlungsdienstleistungen
Signature Bank SBNY -65,0 Prozent 60,6 Prozent Bankdienstleistungen

Stand: 22. Dezember 2022 / Daten: Inverstor's Business Daily, S&P Global Market Intelligence, cash.ch

Über alledem schwebt aber die Frage, ob es in den USA nächstes Jahr zu einer Rezession kommen wird. Eine Reihe von Anzeichen deuten darauf hin. Auch die Reaktionen des Marktes auf die bisher letzte Medienkonferenz von Notenbankchef Jerome Powell Mitte Dezember gibt einen Hinweis, dass die Aussichten nicht gerade rosig sind.

Doch auch wenn 2023 ein schwieriges Aktienjahr zu versprechen scheint, sehen Analysten Potential bei verschiedenen Einzeltiteln. Hohe Erwartungen richten sich auf das Fernsehsatellitenunternehmen Dish Network. Nach einem Kursrückgang von 57 Prozent handelt es sich um eine "Deep-Value"-Anlage. Dabei handelt es sich um Unternehmen, bei denen ein Teil des Marktes eine ungerechtfertigt tiefe Bewertung erkennt und daraus ableitet, dass der Kurs sinnvollerweise steigen müsste.

Als Konstituentin des S&P 500 Pure Value Index ist Dish Network gar eine Aktie, die gemäss allen gängigen Kriterien als Value-Anlage gilt. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist mit 5 sehr tief. Im Vergleich dazu handelt der S&P 500 mit dem 20-fachen des implizierten Gewinns. 

Der Aktienkurs von Dish Network in der interaktiven Grafik (Chart: cash.ch).

Die Analysten sagen eine Performance von knapp 135 Prozent für die Aktie von Dish Network voraus. Das Risiko bei diesem Unternehmen ist für Anlegerinnen und Anleger aber nicht unbeträchtlich: Schätzungen zufolge wird der Gewinn dieses Jahr um 31 Prozent zurückgegangen sein. Für 2023 wird ein weiterer Gewinneinbruch von 36 Prozent erwartet, wie IBD schreibt. 

Hohe Erwartungen bestehen auch an Konzerne, hinter denen zwei der bekanntesten Unternehmer der Gegenwart stehen: Jeff Bezos' Amazon und Elon Musks Tesla. Bei beiden ist das mögliche Wachstum, sei es bei Amazon mit Onlinehandel und Internetdienstleistungen oder der Entwicklung und dem Bau von Elektroautos bei Tesla, weiterhin enorm. Speziell bei Tesla werden enorme Gewinnzuwachsraten erwartet. Allerdings ist auch bei Elektroautos und im Onlinehandel die Frage nicht abschliessend geklärt, wie sich die Endmärkte im Falle einer Rezession entwickeln würden. 

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Von den zehn S&P-500-Aktien mit dem grössten Upside hat nur eine 2022 bisher positiv performt. Die Ölgesellschaft EQT Corporation (nicht zu verwechseln mit der schwedischen Beteiligungsgesellschaft EQT) hat an der Börse vom Boom der Ölpreise und den energiepolitischen Implikationen des Ukrainekrieges profitiert. Bei einem Kursanstieg von 65 Prozent erwarten die Analysten ein weiteres Plus in dieser Grössenordung im nächsten Jahr. 

Unter den Top Picks finden sich mit Global Payments und Signature Banks zwei US-Finanzunternehmen. Während das Kursziel bei beiden eine Steigerung von gut 60 Prozent in den nächsten zwölf Monaten impliziert, unterscheiden sie sich relativ deutlich bei der bisherigen Jahresperformance. Während der Anbieter von Zahlungssystemen Global Payments rund 31 Prozent verloren hat, ist der Kurs der Signature Bank um 65 Prozent abgesackt.

Der Grund dafür ist schnell erklärt: Die Bank war stark im Kryptomarkt engagiert, wo die grossen Kryptowährungen 2022 nicht nur stark gefallen sind, sondern wo sich etwa mit dem Kollaps der Plattform FTX auch schwere Krisen ereignet haben. Zahlungsdienstleister wie Global Payments befinden sich in einem besser wirtschaftlichen Umfeld. Für die Analysten bietet sich dennoch fast das gleiche Upside bei den US-Finanzgesellschaften.

(cash)