Nach einer sechswöchigen Talfahrt sah der SMI am 28. September sein Drei-Monats-Tief und begann, wieder Boden zu finden. Folge: Seit dem 6. Oktober geht es wieder nach oben. Dies allerdings in einem Markt, der höchst nervös unter Zins- und Inflationsängsten steht und der den Gewinnentwicklungen bei den Unternehmen nicht richtig zu trauen scheint. Die Kurseinbrüche vom August und September stecken den Börsianern noch in den Knochen. 

Mit am stärksten nach oben getrieben hat der Handel an der Schweizer Börse eine Aktie, die schon lange nicht mehr in den Best-Performer-Listen gesehen worden ist. Der Börsenwert von Von Roll hat sich innert gut drei Wochen um 15 Prozent gesteigert. Seit März 2020 hat sich der Kurs verdreifacht.

Im August meldete die Industriegruppe die Rückkehr in die schwarzen Zahlen. Das Management signalisierte, dass Von Roll einen mehrjährigen Turnaround langsam hinter sich lasse. Die Nachfrage beim Isolations- und Werkstoffunternehmen zieht an, wie aus dem Halbjahresbericht durchgeschimmert hat.

Durch den Kursanstieg ist Von Roll an der Börse kein "Penny Stock" mehr. Unternehmen, die sich nach jahrelangen Krisen gefangen haben, lassen auf saftige Kursgewinne hoffen. Bei der unsicheren Konjunkturlage in der Weltwirtschaft ist allerdings auch das Risiko für Verluste immer noch hoch. Zu wünschen sind Von Roll stärkere Beine auf jeden Fall. 

Top und Flop Ten im SPI seit dem 6. Oktober

(Grafiken: Bloomberg).

Auf wohl stabilerem Boden stehen die deutlichen Kursgewinne der erfolgreichen Industriespezialisten VAT (+15,3 Prozent) oder Bossard (+14,3 Prozent). Bei Chip- oder Chipbranchen-Zuliefer-Aktien wie VAT sind die Märkte aber ebenfalls unruhig. US-Branchenriese Texas Instruments hat diese Woche eine vorsichtige Prognose abgegeben. Analysten debattieren nun darüber, ob sich die Nachfrage allmählich verlangsamt, oder ob alles weiterhin mit den Liefer- und Produktionsengpässe bei Halbleitern zu tun hat. 

Zykliker im Schweizer Aktienmarkt zeigen immer wieder erstaunliche Kursanstiege. Dass die Prognosen aber häufig optimistischer sind als die tatsächliche Kursentwicklung, zeigt etwa Holcim. Weitherum und immer wieder empfohlen, schaffte die Aktie im Oktober allenfalls die Bodenbildung. Für VAT wiederum aber spricht trotz eines Rekordhochs an der Börse die sehr starke Marktstellung. Die Herstellerin von Vakuumventilen, Mehrventilmodulen und Metallbälgen, die in der Halbleiterindustrie eingesetzt werden, hat hohe Marktanteile. Und dies in einem Markt mit beträchtlichen Eintrittsbarrieren für Konkurrenten. Bei der Erwartung höherer Inflation ist dies ein Vorteil. 

Anlegerinnen und Anleger, die zu Zur Rose (-18,3 Prozent) halten, dürften zum Teil unerfreulich überrascht sein über den Kursverlauf der letzten Wochen. Die Versandapotheke umwehen eine Reihe von Gerüchten und Unsicherheiten (cash berichtete). Einen Rebound hat es bei dieser beliebten Aktie häufiger schon gegeben, aber auf diesen zu setzen ist zur Zeit ein Wagnis.

Sensirion: 345 Prozent nach oben in 18 Monaten

Einen Kursanstieg fast ohne Rücksetzer verzeichnet Sensirion (+13,8 Prozent im Oktober). Nicht nur diesen Monat, sondern seit langem. Das Kursplus seit März 2020 beträgt 345 Prozent. Einen erneuten Schub erhielt die Entwicklerin von sehr kleinen Sensoren im Juli durch eine Ausblick-Anhebung und im August durch die Halbjahreszahlen. Die Zahlen und Prognosen des ETH-Spin-Offs sind sehr gut. Trotzdem reagieren die Analysten bei dieser Börsen-Überfliegerin kaum mit Kurszielerhöhungen - ganz anders als bei SMI-Aktien, wo in den letzten Wochen wieder einmal der Eindruck entstanden ist, als ob man sie regelrecht nach oben schreiben wolle. 

Bei der SMI-Top-Aktie im Oktober, Richemont (+14,5 Prozent), publizieren die Spezialistinnen und Spezialisten für die Luxusgüterbranche reihenweise positive Kommentare. Ein Plus für Richemont ist sicher der Mix zwischen Uhren, Schmuck und anderen Edelprodukten im Konzernportfolio. Konkurrent LVMH hat sehr gute Zahlen vorgelegt, Richemont wird am 12. November berichten. Weiter: Die Schweizer Uhrenexporte ziehen wieder an. Aber man kann auch zu optimistisch werden. Chinas Oberschicht, eine wichtige Kundengruppe bei den "Maisons" von Richemont, wird nicht vom einen oder anderen Tag abspringen. Aber solange nicht klar ist, wo die Regierung in Peking mit ihrer neuen Repressionspolitik im Inland hin will, sind negative Überraschungen realistisch. Der uhrenlastige Konkurrent Swatch leidet bereits stärker unter schlechten China-Prognosen. 

Ausserdem stach in der Nachrichtenflut zur Richemont-Aktie diese Woche ein negativer Kommentar heraus. Analystin Jie Zhang von schreib, Richemont sei als Unternehmen "führerlos und mit unklarer Zukunft". Die Märkte seien hauptsächlich an Übernahmegerüchten und Fusionsspekulationen interessiert. Eine Kritik richtete die Branchenkennerin auch in Richtung der Online-Handelsorganisation Yoop-Net-a-Porter (YNAP), welche die Margen belasteten und wo es Gerüchte gibt, dass Richemont sie loswerden will. 

SMI-Aktienkurse seit dem 6. Oktober

Endgültig ins Rampenlicht getreten ist dagegen die UBS (+10,1 Prozent). Die Grossbank profitiert schon länger davon, dass die steigenden Zinsen den Banken nützen und läuft an der Börse ähnlich gut wie europäische Grossbanken (cash berichtete). Nun kamen auch die Drittquartalszahlen gut an. Die UBS hat in allen Sparten gut gewirtschaftet und die Prognosen übertroffen. Wie nachhaltig dies ist, ist eine Frage. Im Moment herrscht zur UBS aber die Meinung vor, die Aktie sei unterbewertet. Fantasien gibt es bezüglich eines Aktienrückkaufs und des Strategie-Updates, das Anfang 2022 präsentiert werden soll. 

Zum eigentlichen Sorgenkind des SMI wird dessen neuester Konstituent. Der Kurs von Logitech (-4,7 Prozent) sackt seit dem Sommer ab und hat seit dem Höchstkurs im Juni 37 Prozent verloren. Statt einer sehnlich erwarteten Bodenbildung beobachtet die Börse immer wieder noch weiter sinkende Kurse. Wer eingestiegen ist, hat einen Teil des Einsatzes schon verloren. 

Nach den Zweitquartalszahlen der Rechungsperiode 2021/22 setzen auch die Kurszielsenkungen ein. Steigende Kosten sind ein Thema, aber vor allem auch ein fehlender positiver Ausblick. Am strengsten urteilte nach den Zahlen Morgan Stanley mit einem Kursziel bei 77 Franken - so viel kostet die Aktie derzeit auch in etwa - und dem Rating "Underweight". Das Risiko von Abwärtskorrekturen erhöhten sich, schreibt Analyst Erik Woodring. Der Einstieg bei Logitech muss also noch etwas warten.