Der Kurs sackte am Freitag auf den tiefsten Stand seit Ende Februar ab. Mit 54'025 Dollar lag der Kurs zuletzt knapp 8,3 Prozent unter dem Vortagsniveau. Die älteste und wichtigste Digitalwährung steht nun seit einigen Wochen unter Druck. Anfang Juni hatte der Bitcoin noch knapp 72'000 Dollar gekostet. Marktteilnehmer führen den Ausverkauf auf verschiedene Faktoren zurück. 

Der aktuelle Verkaufsdruck auf Bitcoin kommt sehr wahrscheinlich aus der Ecke der gehackten Börse Mt. Gox, weil die Krypto-Börse die Kunden-Bitcoins nach zehn Jahren gemäss dem Cointelegraph nun endlich auszahlt. Zudem verkaufen der deutsche Staat und die USA einen Teil der beschlagnahmten Bitcoins schrittweise seit einigen Tagen. Am Donnerstag kam hinzu, dass mit den Bitcoin-ETF der grösste Käufer am Markt wegen den geschlossenen US-Börsen ausfiel. 

Die elementare Frage sei nun, ob sich fundamental etwas verändert habe, erklärt Viktor Serrieh, Krypto-Analyst bei CAM Asset Management, auf Anfrage von cash.ch.  «Schnelle Verkäufe sind oft von Emotionen geprägt und stellen für jeden Anleger eine Herausforderung dar. Die Frage ist aber, ob wir derzeit eine Korrektur oder eine Trendumkehr erleben. Dies kann uns nur der Markt beantworten.»

Generell sind schnelle Abverkäufe immer emotional und verlangen jedem Investor viel ab. Trotzdem gebe es auch gute Nachrichten, meint Serrieh. So hat die Ethereum-Performance gegenüber Bitcoin relative Stärke gezeigt. In einem echten Bärenmarkt müsste Bitcoin bei so einem starken Preisrückgang viel besser performen als Ethereum, da letzteres als grösseres Risiko vom Markt betrachtet wird. Das ist derzeit nicht der Fall.

Ein weiterer bedeutender Indikator ist die Bitcoin-Dominanz. In einem bevorstehenden Bärenmarkt würde Bitcoin gegenüber Altcoins deutlich besser abschneiden. Das Hoch vom April mit Beginn des Iran-Israel-Konflikts wurde erneut nicht überschritten: Das ist ein positiver Faktor.

Im Edelmetallmarkt steigt normalerweise der Goldpreis zuerst an, und später folgen die Aktien der Minenunternehmen, besonders nach einem wirtschaftlichen Abschwung. Ähnlich verhält es sich auch mit Bitcoin und den Bitcoin-Mining-Unternehmen. Je weiter die globale Wirtschaft im Konjunkturzyklus voranschreitet, desto mehr Risiko gehen die Marktteilnehmer ein. «Wir können beobachten, dass die grössten Mining-Unternehmen trotz Preisrückgang von Bitcoin extrem gut abgeschnitten und den Bitcoin sogar outperformt haben. Für uns ist das ein weiteres wichtiges Signal, das darauf hinweist, dass das "Smart Money" optimistisch gegenüber dem Kryptomarkt eingestellt bleibt und es sich bei der aktuellen Bewegung um eine Korrektur handelt», erklärt der Krypto-Experte von CAM Asset Management.

Leverage wurde zurückgefahren

Derzeit sind die Miner-Reserven in Bitcoin auf dem niedrigsten Stand seit 2021 und Mitte Juni waren sie auf einem 14-Jahres-Tief, schreibt Yves Longchamp von der auf Krypto-Assets spezialisierten Amina Bank in einer Kundennotiz. Diesmal sind die vermehrten Ausverkäufe auch auf steigende Energiekosten zurückzuführen, die die Rentabilität pro Miner verringern. Die Miner-Guthaben erreichten im Juni ihren niedrigsten Stand seit 2010, was den Verkaufsdruck von dieser Seite verlangsamen dürfte.

Auf dem Terminmarkt sank zudem die Anzahl der offenen Kontrakte auf dem Bitcoin um fast vier Milliarden Dollar, wodurch eine übermässige Hebelwirkung vom Markt genommen wurde. Ferner liegen die unbefristeten Bitcoin-Finanzierungssätze fast bei null, betont der Amina-Experte. «Der Markt kehrt zu ausgeglichenen Niveaus zurück und unterstützen einen gesünderen Marktpreis auf diesem Niveau.» Der «Bitcoin Fear and Greed Index» ist zudem auf seinem niedrigsten Stand seit September 2023, als Bitcoin bei etwa 26'000 Dollar gehandelt wurde.

Chart-technisch könnte der Bitcoin durchaus nahe an den Korrekturtiefs unterwegs sein. Eine Korrektur auf 50'000 ist möglich. Auf diesen Niveaus ist allerdings davon auszugehen, dass solche Ausverkaufspreise Schnäppchenjäger auf den Plan rufen. 

Thomas Daniel Marti
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