Die Szene der Kryptowährungen hat es an sich, dass sie mitunter zu Übertreibungen neigt. Dazu gehören pessimistische Crash- und Untergangsszenarien genauso wie überschwängliche Hymnen auf die Zukunft der Digitalwährungen. Oft geht es zwischen diesen beiden Extremen hin und her.

Derzeit dominieren wieder vermehrt die Pessimisten, insbesondere was die Währung Bitcoin betrifft. Kürzlich wurde dem Bitcoin bereits zum 300. Mal ein baldiges Ende prophezeit. Die Seite "99Bitcoins" führt eine Nachrufliste, wo stets ein Eintrag hinzukommt, wenn irgendwo der Tod von Bitcoin vorausgesagt wird. Die letzte Meldung stammt von forbes.com, wo der hohe Stromverbrauch bei der Schaffung von Bitcoin als strukturelle Schwäche beschrieben wird.

Laut "99Bitcoins" wurde die bekannteste Kryptowährung im laufenden Jahr bereits 62 Mal für "tot" erklärt, im gesamten 2017 waren es 118 Mal. Diese zunehmende Häufung hängt zusammen mit dem deutlichen Kurszerfall in den letzten Monaten. Seit Jahresbeginn hat sich Bitcoin von 14'112 auf mittlerweile 7611 Dollar im Preis fast halbiert (siehe Tabelle am Artikelende).

Zudem nimmt offenbar auch das allgemeine Interesse an den Kryptowährungen ab. Wie CNBC berichtete, werden die Begriffe "Bitcoin", "Ethereum" oder "Bitcoin Cash" deutlich seltener bei Google eingegeben als noch vor Jahresfrist. Zu diesem Umfeld passen auch die kritischen Haltungen eines Vanguard-Chefökonomen oder eines Warren Buffett.

Nach wie vor sind es vor allem auch behördliche Bedenken, die auf den Kursen der wichtigsten Cyber-Devisen lasten. Werden Betrügereien von den Krypto-Börsen verfolgt? Müssen virtuelle Währungen wie Aktien oder andere Vermögenswerte reguliert werden? Wie geht man um mit digitalen Börsengängen, sogenannten Initial Coin Offerings (ICO)?

Solche und andere Fragen müssen von den Behörden noch beantwortet werden und sorgen am Markt für Verunsicherung: Japan hat entsprechende Regulierungen bereits eingeführt, China hat ICO verboten und das US-Justizministerium hat unlängst eine strafrechtliche Untersuchung darüber eingeleitet, ob Händler den Preis von Bitcoin und anderen digitalen Währungen manipuliert haben.

EOS: Eine Erfolgsstory

Nicht nur Bitcoin hat stark korrigiert, auch andere Kryptowährungen sind nach einem zurückliegenden Boom-Jahr unter Druck geraten. Selbst die viel gelobte Ethereum-Technologie mit der dazugehörenden Ether-Devise ist seit Anfang Jahr mehr als 20 Prozent gefallen. Dies, obwohl Ethereum nach Ansicht der chinesischen Regierung die weltweit wichtigste öffentliche Blockchain besitzt.

Unter den zehn grössten Kryptowährungen gibt es aber auch solche, die sich entgegen der Markttendenz entwickelt haben. Allen voran EOS, einem Blockchain-Entwickler und somit direktem Konkurrenten zu Ethereum. Durch den Verkauf von digitalen Münzen, sogenannten Token, hat EOS soeben die Rekordsumme von 4,2 Milliarden Dollar eingesammelt. Bis auf zwei Ausnahmen ist das im laufenden Jahr mehr als alle traditionellen Börsengänge weltweit.

Grosse Kursschwankungen gehören aber auch für EOS-Besitzer zur Normalität. Noch im Herbst 2017 sah das ICO wenig erfolgsversprechend aus und der Wert von EOS betrug nur wenige Cent (cash berichtete). Heute steht er bei über 16 Dollar.

Es braucht derzeit tatsächlich eine solche Fundraising-Erfolgsstory, um als Kryptowährung begehrt zu sein. Bei Bitcoin fehlt ein solches Narrativ weitgehend und somit ist ein unmittelbares Comeback unwahrscheinlich. Zwar gibt es etliche Experten, die Bitcoin-Kursziele von 50'000 Dollar oder mehr verkünden. Dazu müsste aber erst einmal die 10'000er Marke geknackt werden, was sich in den letzten Monaten als hartnäckige Hürde herausgestellt hat.

Wertveränderungen der grössten Kryptowährungen

CoinKapitalisierung*Performance Anfang Jahr (%)Perf. 52 Wochen (%)
Bitcoin127,6-44,9+186,5
Ethereum59,0-21.9+138,1
Ripple26,0-67,7+126,8
Bitcoin Cash18,5-53,8+288,8**
EOS12,2+55,6+1225,2**
Litecoin6,7-47,8+307,0
Cardano5,4-70,8+865,9**
Stellar5,3-20,3+598,9
IOTA4,7-52,2+166,2**
TRON3,8+31,9+2772,7**

Quellen: coinmarketcap.com, Business Insider (Stand 05.06.18)

*in Mrd. Dollar **existieren seit weniger als 52 Wochen