Der ungewisse Zinskurs der grossen Notenbanken dürften die Kauflaune der Dax-Anleger in der neuen Woche bremsen. Analysten hoffen nach dem trägen Jahresstart auf neue Impulse durch die Berichtssaison. Diese nimmt hierzulande jedoch erst im Februar so richtig Fahrt auf. Bis dahin gilt am Aktienmarkt wohl: Kleine Brötchen backen. Die Fortsetzung der Aufwärtsbewegung vom Jahresende lasse noch auf sich warten, sagt Christian Henke vom Broker IG. Um den Weg nach oben frei zu machen, wäre ein beherzter Sprung über das Rekordhoch von 17.003 Zählern erforderlich.

Dies hatte der Dax Mitte Dezember markiert, nachdem die Anleger zunehmend auf rasche Zinssenkungen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank gesetzt hatten. Zum Jahresultimo verbuchte der Dax ein Plus von rund 20 Prozent. Die Euphorie ist jedoch längst verflogen. Seit Jahresbeginn dümpelt der deutsche Leitindex dahin und kommt bis Freitagmittag bei einem Stand von 16.630 Zählern auf ein Minus von mehr als einem Prozent.

Zinseuphorie ist verflogen

Vertreter der Fed und der EZB signalisierten unlängst, dass es doch länger dauern könnte, bis die Notenbanken die Zinswende tatsächlich einleiten. Anleger hatten zuletzt mit ersten Schritten im März oder April gerechnet. Entscheidend dafür seien die Inflations- und Konjunkturdaten der kommenden Wochen, erklärten die Währungshüter unisono.

In den Blick vieler Investoren dürften daher die Zahlen zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Deutschland im vergangenen Jahr (Montag) rücken. Von Reuters befragte Experten rechnen mit einem Minus von 0,3 Prozent. Erwartet wird, dass die Statistiker auch eine erste Schätzung für das vierte Quartal liefern. Nach Ansicht von Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck, dürfte diese zeigen, dass die Wirtschaftsleistung leicht geschrumpft ist und sich Deutschland damit in einer technischen Rezession befindet. Spätestens zur Jahresmitte sollte die Wirtschaft jedoch wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren, meint Greil.

Am Dienstag folgen dann die endgültigen Daten zu den deutschen Verbraucherpreisen im Dezember und der ZEW-Index. Vorläufigen Zahlen zufolge ist die Inflation nach fünf Rückgängen in Folge erstmals wieder gestiegen – und zwar um 3,7 Prozent. Beim ZEW-Index, dem Barometer zur Konjunktureinschätzung der Börsianer, dürfte sich zeigen, ob sich die Anstiegs-Serie im Januar fortsetzt. Den Abschluss auf der deutschen Datenseite bilden die Erzeugerpreise im Dezember (Freitag), die frühe Rückschlüsse auf die Entwicklung der Verbraucherpreise zulassen.

US-Bank-Bilanz und Vorwahlen im Fokus

In den USA geht es datentechnisch in der neuen Woche eher ruhiger zu. Am Mittwoch stehen Industrie- und Einzelhandelszahlen für den Dezember auf der Agenda, am Freitag wird das von der Universität Michigan erhobene Verbrauchervertrauen für Januar veröffentlicht. Die Analysten der Commerzbank gehen davon aus, dass die US-Einzelhandelsumsätze im Dezember moderat gestiegen sein dürften. «Der private Konsum expandiert weiter mit ordentlichem Tempo», heisst es in einer Kurzstudie. Für Gesprächsstoff sorgen dürften auch die Bilanzen weiterer grosser US-Banken. Am Dienstag legen Goldman Sachs und Morgan Stanley ihre Zahlen vor. Erwartet wird, dass die Gewinne pro Aktie im vierten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum etwas zurückgehen.

Darüber hinaus werden die Investoren auch ein Auge auf die am Montag in den USA beginnenden Vorwahlen für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten haben. Die finale Nominierung findet im Sommer statt. In einer Umfrage führt der ehemalige US-Präsident Donald Trump mit 49 Prozent vor der früheren UN-Botschafterin, Nikki Haley, mit zwölf Prozent. Der Gouverneur von Florida, Ron de DeSantis, kommt auf elf Prozent.

Mit Spannung wird zudem der Ausgang der Präsidentenwahl in Taiwan erwartet, die am Samstag stattfindet. Zur Wahl stehen drei Kandidaten: Der derzeitige Vize-Präsident Lai Ching-te von der Demokratischen Fortschrittspartei (DFP), Hou Yu-ih von der nationalistischen Kuomintang (KMT) und Ko Wen-je von der Taiwanischen Volkspartei. Sowohl die DFP als auch die KMT sprechen sich für die Souveränität Taiwans aus. Sie haben aber unterschiedliche Ansichten darüber, wie das Verhältnis zu China genau aussehen soll. «Kurzfristig könnte ein Wahlsieg der Demokraten die Aktienmärkte belasten, da die chinesische Regierung nach einem solchen Wahlausgang ihre Rhetorik im Taiwan-Konflikt nochmals verschärfen könnte», meint Commerzbank-Analyst Andreas Hürkamp. China, das Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet, hat den Urnengang unlängst als Schicksalswahl zwischen Krieg und Frieden bezeichnet. 

(Reuters)