Auf Thomas Gottstein folgt am 1. August Ulrich Körner, wie die Schweizer Grossbank am Mittwoch mitteilte. Der 59-Jährige ist gegenwärtig Chef der Asset-Management-Division. In seinem neuen Job kommt dem früheren McKinsey-Berater seine Sanierungsexpertise zu Gute. Denn parallel zu weiteren Einschnitten bei der Investmentbank muss er nun ein milliardenschweres Sparprogramm durchdrücken und die Ertragserosion bei dem skandalgeplagten Institut stoppen.

"Ulrich ist ein erfahrener Transformationsmanager, der über ein ausgezeichnetes Urteilsvermögen verfügt und dem Verwaltungsrat gezeigt hat, dass er die Dringlichkeit der Aufgabe und die Notwendigkeit, Vertrauen bei allen Beteiligten aufzubauen, versteht", erklärte Credit-Suisse-Präsident Axel Lehmann in einer Telefonkonferenz. Körner stiess 2021 zur Credit Suisse, um das Asset Management, das Fonds anbietet und Profikunden wie Pensionskassen in Anlagefragen hilft, nach dem Debakel mit Greensill-Fonds in die Spur zu bringen.

Von 2009 bis 2020 arbeitete er unter anderem als Asset Management-Chef und als Chief Operating Officer für die UBS. Körner ist deutscher und Schweizer Staatsbürger. Er sei der nüchterne Macher, den die Bank jetzt brauche, sagte ein Credit-Suisse-Banker. Selbst Bekannte bezweifeln aber, ob er in der Bank Aufbruchstimmung verbreiten kann.

«Überraschende Wahl»

Citi-Analyst Andrew Coombs erklärte, Körner sei eine überraschende Wahl, die Anleger seien mit ihm nicht vertraut. Gottstein stellte er kein gutes Zeugnis aus. "Herr Gottstein hat zwar eine Reihe von Problemen geerbt, aber die Art und Weise, wie das Unternehmen auf diese Probleme reagiert hat, und die daraufhin eingeschlagene Strategie haben die Bank in eine schwächere Position gebracht." Gottstein scheiterte Insidern zufolge neben den schlechten Zahlen auch am fehlenden Rückhalt unter Schlüssel-Mitarbeitern.

"In den letzten Wochen bin ich nach Gesprächen mit Axel und meiner Familie sowie aus privaten und gesundheitlichen Gründen zum Schluss gekommen, dass es der richtige Zeitpunkt ist, zurückzutreten und die weitere Phase mit den heute angekündigten entscheidenden Massnahmen in die Hände eines Nachfolgers zu legen", erklärte er.

Analyst: Situation wird immer schlimmer

Credit Suisse gab am Mittwoch auch den dritten Quartalsverlust in Folge bekannt. Der Ertragseinbruch in Teilen des operativen Geschäfts sowie höhere Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten sorgten von April bis Juni 2022 unter dem Strich für einen Fehlbetrag von 1,6 Milliarden Franken - weit über dem von Analysten geschätzten Verlust rund 200 Millionen Franken. Eine schnelle Besserung ist nicht in Sicht.

Die Credit Suisse warnte, dass die Investmentbank auch im laufenden Quartal rote Zahlen schreiben dürfte. Die Handelsflaute habe dem Geschäft im bisherigen Verlauf des Quartals zugesetzt. Auch die Kernkundschaft der Reichen und Superreichen habe weiterhin die Füsse stillgehalten. "Die Situation wird immer schlimmer", sagte Vontobel-Analyst Andreas Venditti.

Im zweiten Quartal sackten die Erträge um fast ein Drittel ein. Credit Suisse machte dafür vor allem das schwierige Marktumfeld verantwortlich. Tatsächlich setzten die anziehende Inflation, Rezessionsängste, der Krieg in der Ukraine und die anhaltenden Corona-Einschränkungen in Teilen Asiens auch anderen Branchenvertretern wie den US-Grossbanken oder dem Erzrivalen UBS zu. Dennoch kämpft die Nummer zwei der Schweiz auch mit einer Reihe hausgemachter Probleme.

Denn nach Fehlschlägen, Skandalen und verlorenen Gerichtsfällen hat der Ruf der Bank in den vergangenen zwei Jahren erheblichen Schaden genommen. Zusammen mit wiederholten Verlusten im Geschäft drückte dies den Aktienkurs alleine im laufenden Jahr um 40 Prozent. Credit Suisse gehört inzwischen zu den am niedrigsten bewerteten Grossbanken Europas und musste sich zuletzt auch gegen Übernahmespekulationen wehren.

Erneute Änderungen an der Strategie

Priorität hat nun ein neues Sparprogramm. Damit sollen die Kosten mittelfristig auf unter 15,5 Milliarden Franken gedrückt werden. Für das laufende Jahr geht das Geldhaus von rund 16,8 Milliarden Franken aus. Zudem will die Bank die Strategie erneut auf den Prüfstand stellen - der zweite solche Schritt innerhalb nur eines Jahres. Die Vermögensverwaltung für Millionäre und Milliardäre, das Universalbankgeschäft in der Schweiz und das Asset Management sollen dabei gestärkt werden. Die Investmentbank will Credit Suisse dagegen weiter eindampfen.

"Unser Ziel muss es sein, eine stärkere, einfachere und effizientere Gruppe mit nachhaltigeren Erträgen zu werden", erklärte Lehmann. Zum Umbau der Investmentbank sagte er: "Es wird tiefgreifend und weitreichend sein, aber er wird mit Umsicht und in vernünftiger Weise durchgeführt werden." Für das Geschäft mit Verbriefungen halte die Bank nach einem Investor Ausschau, der sich an dem Bereich beteiligen könne. Auf die Frage, ob Credit Suisse erneut frisches Geld brauche, sagte Finanzchef David Mathers, die Bank sei gut kapitalisiert. "Ich bin seit zwölf Jahren CFO und hatte in dieser Zeit viel, viel, viel niedrigere Kapitalquoten als diese." Im zweiten Quartal kam die Bank auf 13,5 Prozent.

An der Börse zogen die Credit-Suisse-Aktien an. Die neue strategische Ausrichtung hin zu einer weniger kapitalintensiven Investmentbank sei klar positiv, erklärte JP Morgan-Analyst Kian Abouhossein. Doch sein Kollege Andreas Venditti gab zu bedenken, dass es Zeit brauchen werden, die Probleme zu beheben und über die kommenden Jahre das Vertrauen aller Anspruchsgruppe wiederzugewinnen. 

(Reuters/cash)