Julius Bär wird nach der Gewinnhalbierung des Vorjahres aufgrund des Signa-Debakels eine klare Erholung beim Jahresergebnis ausweisen. Konkret erwarten die sechs Analysten ein Betriebsertrag von 3,9 Milliarden Franken, was einem leichten Anstieg entspricht. Der Adj.Jahresgewinn dürfte bei 928 Millionen Franken liegen, während die Dividende je Aktie ähnlich ausfallen sollte wie im Vorjahr mit 2,64 Franken.

Gespannt sind die Investoren darauf, ob sich die im November vermeldete Verbesserung bei den Neugeldzuflüssen in der zweiten Jahreshälfte bestätigt. Im Fokus steht allerdings der erste öffentliche Auftritt des seit rund drei Wochen amtierenden CEO Stefan Bollinger. Eine neue Strategie dürfte er wohl noch nicht vorlegen, auch wenn verschiedene Medien bereits über bevorstehende Sparprogramme berichtet haben. Gespannt sind die Analysten auch auf Aussagen über mögliche Aktienrückkäufen - die Bank dürfte hier allerdings zunächst den Abschluss der Finma-Untersuchungen zu den hohen Signa-Krediten abwarten.

Personelle Änderungen

Die Mittelfristziele für die Periode 2023 bis 2025 sehen eine adjustierte Vorsteuermarge von 28 bis 31 Basispunkten und ein adjustiertes Kosten-Ertragsverhältnis von «unter 64 Prozent» vor. Beim adjustierten Gewinn vor Steuern wird eine jährliche Wachstumsrate von über 10 Prozent angestrebt. Die bereinigte Rendite auf dem Kernkapital (CET1) soll von 2023 bis 2025 über 30 Prozent betragen.

Im Rahmen eines Kostenprogramms will die Bank Einsparungen von 145 Millionen Franken erzielen. Die volle Wirkung der Einsparungen soll dabei bis Ende 2025 erreicht werden. Das Programm dürfte zu einem Abbau von 250 Arbeitsplätzen führen.

Der neue CEO Stefan Bollinger hat am 9. Januar 2025 sein Amt angetreten. Seit dem Rücktritt von Philipp Rickenbacher hatte Nic Dreckmann die Bank als ad interim CEO geführt, er amtiert nun wieder als COO der Bank. Rickenbacher war im Februar 2024 als CEO zurückgetreten. Er zog damit die Konsequenzen aus den hohen Kreditverlusten an die insolvente Signa-Gruppe, die zu einem Abschreiber von gut 600 Millionen Franken im Jahresergebnis 2023 führten.

Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher verlässt die Bank ebenfalls. Er kündigte Ende Januar an, sich an der Generalversammlung vom 10. April 2025 nicht mehr zur Wiederwahl zu stellen. Mit dem Amtsantritt des neuen CEO schlage Julius Bär ein neues Kapitel auf, liess sich Lacher zitieren: «Es ist ein guter Zeitpunkt für diesen Wechsel auf Stufe Verwaltungsrat.» Der kommende Bär-Präsident dürfte von ausserhalb des Unternehmens kommen: Der Verwaltungsrat habe «frühzeitig einen Suchprozess für externe Kandidatinnen und Kandidaten eingeleitet», hiess es.

Signa-Debakel

Mit der Totalabschreibung der Signa-Kredite hatte Julius Bär auch den Ausstieg aus dem Private Debt-Geschäft und die Abwicklung des gesamten Kreditbuchs beschlossen. Per Ende Oktober 2024 betrug dieses noch rund 400 Millionen Franken gegenüber 800 Millionen per Ende 2023. Die Abwicklung soll laut früheren Angaben bis Ende 2026 weitgehend abgeschlossen sein.

Mit dem Signa-Debakel befasst sich auch die Finanzmarktaufsicht Finma. Sie sei in intensivem Kontakt mit «verschiedenen Beaufsichtigten» und habe auch frühzeitig Massnahmen ergriffen, hatte ein Finma-Sprecher bestätigt. Die Untersuchung der Aufsichtsbehörde ist offenbar noch nicht abgeschlossen.

Anfang Januar 2025 gab Julius Bär den Verkauf seines brasilianischen Inlandgeschäfts bekannt. Die Tochtergesellschaft mit Vermögen von 61 Milliarden brasilianischen Real (rund 9 Mrd Fr.) wurde an die Banco BTG Pactual veräussert. Bär erhält für den Verkauf eine Barzahlung von 615 Millionen Real (91 Mio Fr.). Dank der Transaktion soll sich die Kernkapitalquote (CET1) der Vermögensverwaltungsbank um rund 30 Basispunkte verbessern.

Der georgische Milliardär und Parteichef Bidzina Ivanishvili nimmt nach seinem jahrelangen Rechtsstreit mit der Credit Suisse nun auch die Privatbank Julius Bär ins Visier. Laut Angaben seiner Anwälte hatte er einen Grossteil der Vermögenswerte, die er von der Credit Suisse zurückerhielt, zu Julius Bär transferiert. Die Anwälte warfen der Zürcher Bank «politische Erpressung» vor und kündigten die Einleitung eines Gerichtsverfahrens an

Die Ratingagentur Moody's hatte ihren Ausblick für das Julius Bär-Rating im Dezember 2024 auf «stabil» von «negativ» erhöht. Allerdings behielt sie das Rating «A3» bei. Im Dezember 2023 hatte Moodys das Rating im Umfeld des Signa-Debakels auf «A3» von «A2» gesenkt. 

Überdurchschnittliche Performance

Die Julius Bär-Aktien haben seit Jahresbeginn um etwa 9 Prozent zugelegt, während der Gesamtmarkt (SPI) eine Zunahme um etwa 8 Prozent verzeichnet hat. Bereits im letzten Jahr entwickelten sich die Titel überdurchschnittlich. Beim derzeitigen Kursniveau von gut 64 Franken haben die Titel auch den heftigen Absturz im Herbst 2023 wegen des Signa-Debakels wettgemacht. Damals waren sie auf Tiefstwerte von unter 44 Franken gesunken.

(AWP)