Nach dem Freispruch verliess er den Saal am Mittwoch durch ein Gedränge von Fernsehkameras und Fotografen, ohne Fragen zu beantworten. Der für ihn gecharterte Privatjet wird voraussichtlich gegen 19.30 Uhr Ortszeit (11.30 Uhr deutsche Zeit) in Canberra landen. «Wir sind der festen Überzeugung, dass Herr Assange niemals nach dem Spionagegesetz hätte angeklagt werden dürfen und eine Tätigkeit ausübte, die Journalisten jeden Tag ausüben», sagte sein US-Anwalt Barry Pollack gegenüber Reportern ausserhalb des Gerichts. Die Arbeit von WikiLeaks werde fortgesetzt, sagte er. Assanges britische und australische Anwältin, Jennifer Robinson, dankte der australischen Regierung für ihre jahrelange Diplomatie, mit der sie die Freilassung erreichte. «Es ist eine grosse Erleichterung für Julian Assange, seine Familie, seine Freunde, seine Unterstützer und für uns und alle, die an die Meinungsfreiheit auf der ganzen Welt glauben, dass er nun nach Australien zurückkehren und mit seiner Familie wiedervereint werden kann», sagte sie.

Freispruch für Assange 

Der WikiLeaks-Gründer wurde zuvor von einem Gericht auf der US-Pazifikinsel Saipan freigesprochen. Die leitende US-Bezirksrichterin Ramona V. Manglona akzeptierte sein Schuldbekenntnis und entliess ihn, weil er die Zeit einer möglichen Haftstrafe von 62 Monaten bereits in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis abgesessen hatte. «Sie werden diesen Gerichtssaal als freier Mann verlassen können», sagte die Richterin. Demnach darf der 52-Jährige direkt im Anschluss an die Verhandlung nach Australien zurückkehren. Er räumte am Mittwoch während der dreistündigen Anhörung den Tatvorwurf der Verschwörung zur Beschaffung und Weitergabe von geheimen Dokumenten der US-Regierung ein und bekannte sich schuldig.

Assange sagte vor dem Gericht, er habe geglaubt, dass der erste Zusatzartikel der US-Verfassung, der die Meinungsfreiheit schützt, auch seine Aktivitäten schütze. «Bei meiner Arbeit als Journalist habe ich meine Insider ermutigt, mir Informationen zu geben, die als geheim galten, um sie zu veröffentlichen», sagte er und fügte hinzu: «Ich glaubte, dass der erste Verfassungszusatz diese Tätigkeit schützte, aber ich akzeptiere, dass es ein Verstoss gegen das Spionagegesetz war.» Assange hatte im Vorfeld bereits zugestimmt, sich in diesem einzigen Anklagepunkt schuldig bekennen zu wollen. Dies ging aus den Akten des US-Bezirksgerichts für die Nördlichen Marianen hervor. Das US-Territorium im westlichen Pazifik wurde für die Anhörung ausgewählt, weil Assange nicht auf das US-Festland reisen wollte und weil es in der Nähe von Australien liegt, so die Staatsanwaltschaft.

Freispruch markiert Ende einer Odyssee

Der in Australien geborene Assange verbrachte mehr als fünf Jahre in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis und sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London. Er wehrte sich gegen Anschuldigungen wegen Sexualverbrechen in Schweden und gegen seine Auslieferung in die USA, wo er nach Angaben seiner Anwälte mit 18 Strafanzeigen konfrontiert war und mit bis zu 175 Jahren Haft rechnen musste. Auch das Risiko, dass sich Assange bei einer Auslieferung das Leben nehmen könnte, hat in dem jahrelangen Rechtsstreit eine Rolle gespielt. Seine Unterstützer sehen ihn als Opfer, weil er Fehlverhalten und mögliche Verbrechen der USA aufgedeckt hat, unter anderem in Konflikten in Afghanistan und im Irak. Washington hat behauptet, dass die Veröffentlichung der geheimen Dokumente Menschenleben in Gefahr bringe.

Die australische Regierung hatte sich fortlaufend für Assanges Freilassung eingesetzt und das Thema mehrfach bei den Vereinigten Staaten zur Sprache gebracht. Australiens Ministerpräsident Anthony Albanese sagte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz, dass man lange, überlegt und geduldig auf das heutige Ergebnis hingearbeitet habe. «Dies ist nicht etwas, das in den letzten 24 Stunden passiert ist», so Albanese. Zuvor hatte auch der stellvertretende australische Ministerpräsident Richard Marles dem Fernsehsender ABC gesagt, dass sich die Regierung für Assanges Freilassung eingesetzt hat.

(Reuters)