Den Börsen steht ein furioser November-Auftakt bevor: mit den US-Wahlen am Dienstag und der Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed am Donnersag stehen gleich zwei Ereignisse an, die an den Finanzmärkten Wellen schlagen dürften.

Im Wahl-Showdown um das Präsidentenamt gibt es keinen haushohen Favoriten: die Demokratin Kamala Harris und der Republikaner Donald Trump liegen in Umfragen Kopf an Kopf. Wie Commerzbank-Ökonom Christoph Balz hervorhebt, könne es womöglich einige Tage dauern, bis das Wahlergebnis feststehe. Das dürfte an den Nerven der Anleger zehren und für mehr Volatilität sorgen. «Für die Börse ist Unsicherheit das stärkste Gift», warnt Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.

In der ablaufenden Woche dämpften trübe Firmenbilanzen den Risikoappetit der Aktienanleger. Erst am Freitag setzte eine Gegenbewegung ein. Der Swiss Market Index SMI gewann zum Handelsschluss 1,48 Prozent auf 11'967,20 Punkte, wobei das Tageshoch bei knapp 11'992 Punkten lag. Trotz der Erholung zum Wochenschluss gab es allerdings ein klares Wochenminus von 220 Punkten bzw. 1,8 Prozent. Der SLI, der die 30 wichtigsten Titel umfasst, rückte am Freitag um 1,45 Prozent vor auf 1955,21 Punkte und der breite SPI um 1,39 Prozent auf 15'929,51 Zähler. 

Ähnlich präsentiert sich die Lage an der US-Märkten: Nach einem Spitzenplus von 1,3 Prozent schloss der US-Leitindex Dow Jones Industrial noch 0,69 Prozent höher bei 42.052,19 Punkten. Er glich das bisher aufgelaufene Wochenminus nur fast wieder aus. Übrig bleib ein Abschlag von 0,15 Prozent.

Der marktbreite S&P 500 legte am Freitag um 0,41 Prozent auf 5728,80 Punkte zu. Auch der tags zuvor abgerutschte Nasdaq 100 erholte sich, indem er 0,72 Prozent auf 20.033,14 Zähler gewann. Der stark von Technologiewerten geprägte Index kehrte damit wieder über die Marke von 20.000 Punkten zurück, auch wenn aus der Riege der grossen Tech-Werte die Apple -Aktie schwächelte.

Trump-Rückkehr könnte Bauchschmerzen bereiten

Trotz des engen Rennens um das Weisse Haus spekulieren Marktteilnehmer zunehmend auf eine Rückkehr Trumps. Die Aktienanleger sehen seinem möglichen Wahlerfolg mit Bauchschmerzen entgegen. Im Falle eines Handelskriegs könnten gerade Exportnation wie die Schweiz und Deutschland beeinträchtigt werden. Ökonom Carsten Klude von M.M Warburg geht davon aus, dass die Einführung von Strafzöllen auf Autos unter Trump sehr wahrscheinlich ist, was insbesondere die Krise der deutschen Automobilindustrie weiter verschärfen dürfte.

Wichtig für die Kapitalmärkte wird vor allem sein, wie die jeweiligen politischen Ziele im Kongress umgesetzt werden können, der ebenfalls neu gewählt wird. «Ein Blick in die Wahlprogramme der beiden Präsidentschaftskandidaten zeigt, wie wichtig die Steuerpolitik im kommenden Jahr werden wird. Allerdings brauchen beide Kandidaten dafür einen wohlgesonnenen Kongress zur Umsetzung, da dieser die Haushaltskontrolle hält», sagt Sascha Rehbein, Portfoliomanager der Weberbank.

US-Notenbank Fed dürfte Zinsen erneut senken

Zeit zum Verschnaufen bleibt den Anlegern in der neuen Woche nach den Wahlen nicht, denn am Donnerstag wird die US-Notenbank über die Zinsen entscheiden. Die Währungshüter hatten im September die Zinswende vollzogen und den geldpolitischen Schlüsselsatz um 50 Basispunkte auf die neue Spanne von 4,75 bis 5,00 Prozent gesenkt.

Marktteilnehmern rechnen nun mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte und der Aussicht auf weitere Straffungen. Die Notenbank werde weiter senken, aber mit kleineren Schritten vorgehen, sagt Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner. «Der 50-Basispunkte-Schritt von September dürfte der einzige in dieser Grössenordnung bleiben.»

Die Währungshüter versuchen, mit einer straffen Geldpolitik die hohe Inflation in Schach zu halten, ohne die Konjunktur abzuwürgen. Die Wirtschaft zeigte sich mit einem Wachstum von 2,8 Prozent auch im dritten Quartal sehr robust. Der Preisauftrieb sank indes fast auf die Zielmarke der Notenbank von zwei Prozent, was die Ausgaben der Bürger ankurbelte.

Die ebenfalls am Donnerstag tagende Bank of England dürfte im Kampf gegen die Inflation ebenfalls eine Zinssenkung im Köcher haben. Die Märkte rechnen für die Novembersitzung mit einer Senkung um 25 Basispunkte, jedoch flachten die Erwartungen an weitere Senkungen nach dem ersten Haushaltsentwurf von Finanzministerin Rachel Reeves ab. Reeves kündigte am Mittwoch die grössten Steuererhöhungen seit drei Jahrzehnten und eine starke Ausweitung der Kreditaufnahme zur Finanzierung von Investitionen an.

Berichtssaison geht gemässigt weiter

In der auslaufenden Woche haben einige gewichtige Blue Chips wie die UBS, Novartis oder Swisscom Zahlen präsentiert. Wie stark die Nerven der Investoren derzeit angespannt sind, zeigten die zum Teil überraschenden Kursreaktionen. Alle drei Blue Chips wurde trotz zum Teil starker Zahlen im grossen Stil durchgereicht. Die Anleger nahmen lieber Gewinne mit als neue Positionen aufzubauen.

In der kommenden Woche stehen weitere Berichte auf der Agenda. Anleger werden vor allem auf die Zahlen des Versicherers Zurich, des Schokoladenherstellers Barry Callebaut sowie des Luxusgüterkonzerns Richemont schauen. Daneben dürften Adecco, AMS-Osram, Burckhardt, Oerlikon und Sensirion Beachtung finden.

(AWP/Reuters)