Sollte die Allianz aus der rechtsextremen Lega und der populistischen 5-Sterne-Bewegung auch nur einen Teil ihrer Wahlversprechen einlösen, dürfte das für drastisch steigende Staatsausgaben in dem bereits hoch verschuldeten Mittelmeerland sorgen. Trotzdem liegen die Renditen italienischer Anleihen knapp unter 2 Prozent und sind damit seit der Wahl Anfang März sogar gesunken. Die Mailänder Börse verbucht seit Januar ein Plus von fast 11 Prozent, sie steht damit deutlich besser da als die meisten anderen Börsen in Europa.
Die Kursentwicklung sei schon überraschend, sagt Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Die Koalition aus Lega und 5 Sterne wäre eine klare Absage an die bisherige Sparpolitik und damit gerade für Italien ein extrem gewagtes Experiment." Dennoch hofften Anleger offenbar, dass niedrigere Steuern und ein dadurch bedingt höherer Konsum die Firmengewinne anschieben. Das wäre zumindest für den Aktienmarkt ein Pluspunkt.
Auf Kollisionskurs mit der EU
Die Steuern deutlich zu senken, ist eines der zentralen Wahlkampfversprechen der Lega. Die 5-Sterne-Bewegung, deren Unterstützer vorwiegend aus dem ärmeren Süden kommen, fordert ein Grundeinkommen für Arme, für das jährlich 17 Milliarden Euro veranschlagt werden müssten. Beide Parteien, die vor allem die Ablehnung der EU-Haushaltsregeln eint, hatten sich zuletzt nach wochenlangen Verhandlungen bei der Regierungsbildung angenähert. Noch ist aber unklar, wer das Kabinett anführen könnte.
Nach Einschätzung von Commerzbank-Ökonom Marco Wagner ist es durchaus möglich, dass eine Abkehr von der Sparpolitik der Konjunktur zumindest kurzfristig einen Schub geben könnte. "Das hilft aber leider nicht weiter, wenn Kernprobleme wie zum Beispiel die ineffiziente Behördenlandschaft in Italien nicht angepackt werden." Das Land, das nach Griechenland die zweithöchste Staatsverschuldung in der Eurozone aufgetürmt hat, hinkt dem Währungsraum konjunkturell spürbar hinterher. Die momentane Gelassenheit an den Finanzmärkten könnte schnell weichen, sollte die gute wirtschaftliche Lage in der Eurozone ins Stocken geraten, prognostiziert Wagner. Dann fielen auch die strukturellen Probleme in Italien wieder stärker ins Gewicht.
Dass die mögliche neue Regierung von Lega und 5 Sterne die Anleger nicht in die Flucht treibt, liegt laut Experten aber auch an den billionenschweren Anleihenkäufen der EZB. "Sie sind einfach ein wichtiges Auffangnetz geworden", erklärt Sebastian Sachs von der Metzler Bank. "Die Europäische Zentralbank kann es sich nicht leisten, ein Land wie Italien gegen die Wand fahren zu lassen." Die Renditen der Staatsanleihen und damit auch die Kreditkosten für die drittgrösste Volkswirtschaft der Euro-Zone dürften seiner Ansicht nach daher nicht allzu sehr in die Höhe schiessen. An den Börsen wird aktuell damit gerechnet, dass die EZB die Transaktionen bis zum Jahresende einstellt. Aber die Gelder aus auslaufenden Papieren sollen laut EZB bis auf weiteres wieder in Anleihen investiert werden.
(Reuters)