«Infolgedessen starb ein Neugeborenes im Brutkasten, in dem sich 45 Babys befinden», sagte Aschraf Al-Kidra, der Sprecher der Gesundheitsbehörde im von der radikal-islamischen Hamas kontrollierten Gazastreifen, zu Reuters. Weitere Säuglinge seien vom Tod bedroht. Das israelische Militär hat als Reaktion auf den Hamas-Angriff vom 7. Oktober den Gazastreifen abgeriegelt und greift dort ununterbrochen Ziele an. Dazu gehört die Umgebung des Al-Schifa-Krankenhauses, des grössten in dem Küstenstreifen, unter dem sich nach Israels Angaben eine Kommandozentrale der Hamas befindet. Im Zentrum von Gaza-Stadt hielten die Gefechte zwischen israelischen Soldaten und Hamas-Kämpfern an. Über die Lage im Gazastreifen beraten am Wochenende in Riad zahlreiche Staats- und Regierungschefs arabischer und muslimisch geprägter Länder.
Anwohner berichteten, das israelische Militär habe auch in der Nacht zu Samstag in und um Gaza-Stadt Ziele angegriffen. «Die Situation ist schlimmer, als sich irgendjemand vorstellen kann», sagte Kidra. Der gesamte Komplex des Al-Schifa-Krankenhauses werde belagert, die meisten Gebäude würden ins Visier genommen. Das israelische Militär teilte mit, auf dem Gelände des Krankenhauses hielten sich noch immer mehrere tausend Menschen auf, die in Sicherheit gebracht werden müssten.
Bereits zuvor hat Israel erklärt, die Hamas habe Kommandozentralen unter Kliniken und anderen zivilen Orten errichtet. Damit könnten diese als militärische Ziele eingestuft werden. Israel wirft der Hamas vor, die Zivilbevölkerung als menschliches Schutzschild zu missbrauchen. Die Hamas bestreitet das. Die Gesundheitsbehörden im Gazastreifen haben erklärt, dass die zunehmenden israelischen Angriffe auf Krankenhäuser oder ihre direkte Umgebung das Leben von Patienten, Beschäftigten und Tausenden Menschen gefährde, die auf dem Gelände Zuflucht suchen. «Die Besatzungstruppen schiessen auf Menschen, die sich innerhalb des Komplexes bewegen», sagte Sprecher Kidra. «Das beschränkt unsere Möglichkeiten, von einer Abteilung zur anderen zu wechseln. Einige Leute haben versucht, das Krankenhaus zu verlassen, und auf sie wurde geschossen.» Es gebe keinen Strom mehr und auch kein Internet.
Gipfeltreffen muslimischer Staaten in Saudi-Arabien
Um den Krieg im Gazastreifen zu beenden und eine Lösung zu finden, hat Saudi-Arabien in der Hauptstadt Riad zu einem gemeinsamen Gipfeltreffen der Organisation Islamischer Zusammenarbeit (OIC) und der Arabischen Liga eingeladen. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman forderte ein Ende des Krieges im Gazastreifen und die Freilassung der von der Hamas verschleppten rund 240 Geiseln. Die Belagerung des Gazastreifens müsse beendet werden, humanitäre Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung müssten ermöglicht werden. Israel trage «die Verantwortung für die Verbrechen gegen das palästinensische Volk».
An dem für Samstag und Sonntag geplanten Treffen nehmen zahlreiche Staats- und Regierungschefs teil. Darunter sind der iranische Präsident Ebrahim Raissi und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Eingeladen sind ebenfalls Katars Emir, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, und der syrische Präsident Baschar al-Assad, der Anfang des Jahres wieder in der Arabischen Liga willkommen geheissen wurde.
Der iranische Präsident Raissi sagte am Samstag vor seinem Abflug nach Riad, es sei an der Zeit, beim Gaza-Konflikt Massnahmen zu ergreifen. «Der Gazastreifen ist kein Schauplatz für Worte. Er sollte ein Schauplatz für Taten sein», sagte Raissi in Teheran. «Heute ist die Einheit der islamischen Länder sehr wichtig.» Die halbstaatliche iranische Nachrichtenagentur Tasnim meldete, Raissi werde in Riad vorschlagen, dass muslimische Länder Israel die Nutzung ihres Luftraumes untersagen sollten. Zudem müssten die USA daran gehindert werden, Waffen von ihren Militärstützpunkten in der Region an Israel zu liefern.
Derweil hielt sich Bundesaussenministerin Annalena Baerbock zu einer weiteren Vermittlungsreise im Nahen Osten auf. Am Freitagnachmittag traf sie Regierungsvertreter in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dem folgen ein Besuch in Saudi-Arabien und Israel.
(Reuters)