Die Citigroup hat US-Aktien auf "Neutral" gesetzt, denn die Strategen der Wall-Street-Bank sehen das Risiko einer Rezession in den USA. Der Markt zeige Anzeichen einer "deflationären Blase". Der Kursrückgang des breiter gefassten Wall-Street-Aktienbarometers S&P 500 beläuft sich seit Anfang Jahr momentan auf minus 15 Prozent.

Die Citi-Analysten beklagen auch eine mangelnde Verlässlichkeit von Hinweisen, wie sie die Notenbank Fed geben sollte. "Angesichts der Tatsache, dass die Fed sehr wahrscheinlich Zeit brauchen wird, um auf die Schwäche bei Aktien und beim Wachstum zu reagieren, nehmen wir unser langjähriges 'Overweight' für US-Aktien herunter auf null", heisst es in einem Kommentar.  Das "Overweight" behalten die Citi-Strategen um Dirk Willer bei China-Aktien und Staatsanleihen. 

Ein Wachstumseinbruch in der grössten Volkswirtschaft der Erde ist auch das Szenario weiterer Banken. Auch der grösste Vermögensverwalter der Welt Blackrock sowie die New Yorker Grossbank Morgan Stanley sind vor kurzem bei ihrem Urteil über US-Aktien kritischer geworden.  

Allerdings sind die Meinungen über die weitere Entwicklung bei Aktien gespalten. Verstärkt werden Stimmen laut, welche Rezessionsrisiken für übertrieben dargestellt halten. 

JPMorgan: Firmen werden mehr eigene Aktien zurückkaufen

Aus Sicht von JPMorgan ist eine Bodenbildung nahe, denn Aktienrückkäufe dürften dem Markt neuen Schwung geben. Die Zahl der angekündigten Rückkäufe hat bereits stark zugenommen, und diese Aktivität beläuft sich dieses Jahr schon auf 429 Milliarden Dollar. Dies ist laut JPMorgan-Analyst Marko Kolanovic mehr als 2021 und 2019.

Geplante Rückkäufe werden vor allem bei Technologie-Unternehmen, der Finanzindustrie und im Healthcare-Sektor, aber auch bei Energie beobachtet. Immer noch starke Cashflows und stattliche Margen erlauben es US-Firmen weiterhin, eigene Aktien mit dem Ziel zurückzukaufen, den Aktienbestand zu verdichten. 

JPMorgan erwartet eine Zunahme der Ankündigungen von "Buybacks". Rund 15 Prozent der US-Unternehmen sind nach Einschätzung der Bank noch in einem "Blackout Window", also einer Phase nach der Zahlenpräsentation, in der sie keine derartigen Ankündigungen machen dürfen.

Bewertungen sinken - ist der Markt nicht mehr überteuert? 

Der S&P 500 handelt derzeit bei etwa 4000 Punkten, während laut Analysten, deren Einschätzungen von Bloomberg erfasst sind, für die im Index enthaltenen Unternehmen im Schnitt 248 Dollar Gewinn pro Aktie erwarten. Dies ergäbe ein nach vorne gerichtetes Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 16. Dies liegt etwa auf den Level des Drei-Jahrzehnte-Durchschnitts. 

Solche Bewertungs-Metriken werden als weiterer Grund diskutiert, weswegen der Kursrückgang am US-Markt bald zu Ende sein könnte. Mit einen KGV von 16 wäre der S&P 500 zwar nicht ultrabillig, aber einigermassen vernünftig bewertet.

Zuletzt ist der US-Markt wieder mehrere Tage in Folge gestiegen - das S&P-500-Minus seit Jahresbeginn lag Anfang Woche noch bei fast 19 Prozent. Gründe sind ein leicht schwächerer Dollar, neue Deutungen der Fed-Aussagen und Unternehmensgewinne. Allerdings setzen Anleger, die glauben, den "Dip" kaufen zu können, primär darauf, dass die 8 Billionen Wertverluste seit Anfang Jahr den Markt weniger verwundbar gemacht haben. 

Befürchtungen vor Gewinnrückgängen

Diese Prognose hat allerdings auch eine Schwachstelle: Die Gewinnschätzungen der Analysten würden mit der Realität zusammenprallen, wenn die USA wirklich eine Rezession erleben.

Wenn die Gewinne 2023 um 13 Prozent zurückgehen - diese Zahl ist ein Medianwert aus Krisenphasen seit dem Zweiten Weltkrieg - würden die Gewinne pro Aktie laut Bloomberg auf 198 Dollar fallen, und nicht 248 Dollar erreichen, wie sie derzeit prognostizieren. Dies triebe das KGV des S&P 500 wieder auf vergleichsweise hohe 21. 

Mit Material von Bloomberg.