Die sprunghafte Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump hat die Aktienmärkte in den letzten Tagen heftig durcheinander gebracht. Viele Privatanlegerinnen und Privatanleger fragen sich: Soll ich kaufen, verkaufen oder halten? cash.ch hat die Vor- und Nachteile von sechs bekannten Anlagestrategien für Einzelaktien untersucht und geprüft, ob sie unter den aktuellen Marktbedingungen sinnvoll sind.
1) «Buy and Hold»
Bei der Buy-and-Hold-Strategie kaufen Anlegerinnen und Anleger Aktien und halten sie langfristig, unabhängig von kurzfristigen Marktbewegungen. Ziel ist es, von der langfristigen Wertsteigerung und Dividenden zu profitieren, ohne häufige Käufe und Verkäufe.
Die Buy-and-Hold-Anlagestrategie erfordert anfangs viel Zeit für die gründliche Analyse der Unternehmen, in die man investieren möchte. Nach dem Kauf sind die Aktien im Portfolio jedoch kaum zeitintensiv. Das führt auch zu niedrigen oder keinen Transaktionskosten. Ein Nachteil der Strategie ist, dass das investierte Geld über längere Zeit blockiert ist, wodurch kurzfristige Gewinnchancen verpasst werden können. In schnelllebigen Branchen besteht zudem das Risiko, dass ein Unternehmen nach einiger Zeit nicht mehr marktrelevant ist, was auch bei langfristigen Investitionen zu Verlusten führen kann.
Fabian Ackermann, Leiter des Teams Systematic Strategies bei der Zürcher Kantonalbank, verwaltet globale Aktienportfolios und weist darauf hin, dass die Buy-and-Hold-Strategie unter den derzeit volatilen Marktbedingungen für emotionale Anlegerinnen und Anleger ungeeignet sein könnten. Ruhige, wenig aktive und sehr langfristig orientierte Anleger dagegen können sich nun solide Aktien durchaus ins Depot legen.
2) Von Dividenden profitieren
Anleger verfolgen bei dieser Langzeit-Aktienstrategie die Erwartung, dass Unternehmen, die regelmässig Dividenden gezahlt haben, dies auch in Zukunft weiterhin tun werden. Zudem gehen sie davon aus, dass Unternehmen, die einen Teil ihres Gewinns ausschütten können, gut für zukünftige Herausforderungen gerüstet sind.
«Ohne aktiv etwas tun zu müssen, erhält man üblicherweise regelmässige Ausschüttungen», sagt Ackermann von der ZKB und erklärt, dass diese Strategie auf stabile und robuste Titel setze, die finanzielle Sicherheit böten. Doch es gibt auch einen entscheidenden Nachteil: die Steuerbelastung. «Je höher die Dividendenrendite, desto höher fällt die Steuerrechnung aus,» gibt Ackermann zu bedenken. Bedenken sollte man auch, ob es bei einigen Unternehmen wegen einer möglichen Rezession nicht zu Dividendenkürzungen kommen könnte.
3) Wachstumsaktien bevorzugen («Growth»)
Die Growth-Anlagestrategie konzentriert sich auf den Kauf von Aktien von Unternehmen, die ein hohes Wachstumspotenzial aufweisen. Das heisst: Anleger setzen dabei auf Firmen, die schnell wachsen und ihre Gewinne stark steigern können. Diese Aktien stammen oft aus innovativen Branchen wie Technologie oder Biotechnologie. Investorinnen und Investoren trauen sich zu, den Erfolg dieser Unternehmen für die Zukunft richtig einschätzen zu können - per se und unabhängig von der Marktlage ein anspruchsvolles Unterfangen.
«Mit dieser Strategie kann man die schönen Erfolgsgeschichten schreiben, sofern man auf die richtigen Aktien setzt», sagt Ackermann. Er weist darauf hin, dass die Growth-Strategie sich eher an diejenigen richten, die das Spekulative bevorzugen. «Langfristig betrachtet wird das Wachstum meist überschätzt,» erklärt Ackermann. Die Strategie eignet sich daher eher für kurzfristige Investments. «Um das Verlustrisiko zu minimieren, könnte man ein kleines Portfolio in der Growth-Strategie halten und dieses mit einer anderen Strategie kombinieren.» Die zuletzt deutlichen Kursrückgänge bei schwach aufgestellten Firmen aus dem Wachstumssektor sollten Anlegern aber eine Warnung sein. Sollten sich die Kreditbedingungen in nächster Zeit verschlechtern, könnte es für einige Firmen eng werden.
4) Unterbewertete Aktien suchen («Value»)
«Der Preis ist, was du zahlst. Der Wert ist, was du bekommst.» Mit diesem prägnanten Zitat bringt US-amerikanischer Starinvestor Warren Buffett die Essenz der Value-Strategie auf den Punkt. Im Fokus steht der Kauf von Aktien, die als unterbewertet gelten – also deren Marktwert unter ihrem echten inneren Wert liegt. Anleger zielen dabei auf Unternehmen ab, die stabile Erträge oder eine attraktive Dividendenrendite bieten, aber aufgrund vorübergehender Marktlage oder anderer Faktoren in Ungnade gefallen sind.
«Diese Strategie erfordert einen langen Anlagehorizont», erklärt Ackermann von der ZKB. «Denn die investierten Unternehmen könnten über mehrere Jahre hinweg unterbewertet bleiben.» Zudem sind laut Ackermann sogenannte Value Traps zu beachten – scheinbar unterbewerteten Aktien, die aufgrund niedriger Kurs-Gewinn-Verhältnisse und attraktiver Dividenden ansprechend erscheinen. Doch hinter dieser Fassade kann sich auch ein fundamentales Problem verbergen, siehe Lehman Brothers oder Credit Suisse. Privatanleger sollten von dieser Strategie derzeit eher absehen, da die Bewertungen der Aktien durcheinander geraten sind und an den Märkten noch keine Stabilisierung erkennbar ist.
5) Das Momentum ausnützen
Die Momentum-Strategie zielt darauf ab, von Markttrends zu profitieren. Investorinnen und Investoren kaufen Aktien, die in der letzten Zeit eine positive Kursentwicklung gezeigt haben, und verkaufen diejenigen, deren Kurse gefallen sind. Die Grundidee basiert darauf, dass Aktien, die sich gut entwickelt haben, tendenziell weiter steigen und solche, die gefallen sind, in ihrer Abwärtsbewegung verharren. Diese Strategie nutzt die Marktdynamik und setzt auf die Fortsetzung von Trends - wobei die Aktien meist nur für einen kurzen Anlagehorizont von ein paar Monaten gehalten werden.
Die Nachteile der Strategie sind die Transaktionskosten und der Aufwand. Für eine erfolgreiche Umsetzung müsse man klare Regeln festlegen und ein solides Risikomanagement betreiben, so Ackermann von der ZKB. In unsicheren Zeiten wie diesen ist für Ackermann die Momentum-Strategie weniger geeignet, da es an den Märkten keine klaren Trends, sondern häufige Richtungswechsel gibt.
6) Auf Qualitätsaktien setzen
Die Quality-Investmentstrategie fokussiert sich auf den Kauf von Aktien hochqualitativer Unternehmen. Diese zeichnen sich durch stabile und wachsende Gewinne, solide Bilanzen, geringe Verschuldung, starke Marktstellung und ein nachhaltiges Geschäftsmodell aus. Mit dieser Strategie lassen sich kaum spektakuläre Börsengeschichten schreiben, wie das bei der Growth-Strategie möglich ist, sagt Ackermann. Sie eignet sich jedoch für jene Investoren, die langfristig eine robuste und stabile Rendite erzielen möchten. Gerade in den derzeit volatilen Marktbedingungen ist dies definitiv eine Strategie, die man in Betracht ziehen sollte.
3 Kommentare
Zum Fall 2:
Die Feststellung von Herrn Ackermann, dass bei höheren Dividendenerträgen höhere Steuern anfallen, ist leicht nachvollziehbar. Die höhere Steuerbelastung verursacht bei mir hingegen keinen Leidensdruck. Es gibt noch die praktische Seite. Mit dem Abzug von 35% Verrechnungssteuer werden in meinem Fall ein schöner Teil der Steuern vorausbezahlt. Die höhere Steuerbelastung wegen der Aufrechnung von Eigenmieten ist dagegen ärgerlich, weil kein Geld fliesst.
Zu berücksichtigen ist ferner das Wechselkurs-Risko
aller Fremdwährungen. Das wird vielorts vergessen!
Insbesonders bei Divi-Strategie.
Stimmt, als Schweizer ist man da besonders verwundbar.
Insbesondere auch wenn man bedenkt, dass das Zurückfordern der Verrechnungssteuer/Quellensteuer auf ausländische Dividenden doch sehr mühsam und unbefriedigend ist.