Die Attraktivität von Schweizer Dividendenaktien ist ungebrochen. Dies hängt auch damit den stark sinkenden Renditen der Staatsanleihe der Eidgenossenschaft zusammen. Diese sank zwischen März und Anfang Dezember von 0,8 auf derzeit unter 0,2 Prozent.

Im gesamten Swiss Performance Index (SPI) schätzt die Bank Vontobel die Dividendenrendite für das laufende Jahr durchschnittlich auf rund 3,2 Prozent. Bereinigt um die Inflation von 0,6 Prozent im Oktober ergibt dies eine reale Dividendenrendite von 2,4 Prozent. 

Für Anleger bedeutet dies real negative Renditen bei den Schweizer Bundesobligationen, aber eine real steigende SPI-Dividendenrendite auf 2,4 Prozent. Im März bei der letzten Erhebung der Bank betrug diese noch 1,8 Prozent. 

Was ist ein Dividenden-Aristokrat?

Für viele Anlegerinnen und Anleger sind verlässliche Dividendenzahlungen ein entscheidendes Kriterium bei der Aktienauswahl. Noch besser ist, wenn ein Unternehmen diese kontinuierlich erhöhen kann. Gemäss Definition von Vontobel gelten bei der Selektion Schweizer Unternehmen als Dividenden-Aristokraten, welche die Dividende pro Aktie in jedem der letzten zehn Jahre erhöhen konnten. Zum Vergleich: Im englischsprachigen Raum wird meistens ein noch längerer Betrachtungszeitraum von 25 Jahren herangezogen. 

Dividenden-Aristokraten zeichnen sich aber nicht nur durch eine konstante Ausschüttung aus, sondern auch durch die Absicht, die Dividende jedes Jahr zu erhöhen. Es kommen somit nur Gesellschaften in Frage, welche über ein robustes Geschäftsmodell, hohe Barmittelgenerierung und eine hohe Widerstandsfähigkeit verfügen. In der Schweiz zählen laut Vontobel 15 Unternehmen zu diesem exklusiven Kreis.

Schweizer Dividendenaristokraten

Firma Vontobel Rating Sektor Dividende 2013
(in CHF)
Dividende 2023 (in CHF) Erwartete Dividendenrendite 2024 Wachstum 10 Jahre
ALSO Kuafen Technology 1,40 4,80 2,2% 13,1%
DKSH Halten Supportdienstleistungen 0,95 2,25 3,5% 9,0%
Geberit Halten Industrie 7,50 12,70 2,4% 5,4%
Givaudan Kaufen Chemie 47,00 68,00 1,9% 3,8%
Lindt & Sprüngli * Kaufen Nahrungsmittel 65,00 140,00 1,5% 8,0%
Logitech Kaufen Technologie 0,26 1,06 1,5% 15,1%
Nestlé Kaufen Nahrungsmittel 2,15 3,00 4,1% 3,4%
Novartis Kaufen Pharma 2,45 3,30 3,7% 3,0%
Orior Halten Nahrungsmittel 1,97 2,51 6,6% 2,5%
Partners Group Kaufen Finanzdienstleistungen 7,25 39,00 3,3% 18,3%
Roche Halten Pharna 7,80 9,60 3,8% 2,1%
Sika Kaufen Baumaterialien 0,95 3,30 1,6% 13,3%
Swiss Life Halten Versicherung 5,50 33,00 4,9% 19,6%
Temenos Halten Technologie 0,35 1,20 2,2% 13,1%
Zug Estates Halten Immobilien 16,50 44,00 2,5% 10,3%

Quelle: Bloomberg, Vontobel Equity Research 1) Ohne Spezialdividende Lindt & Sprüngli und Zug Estates 2) Lindt & Sprüngli Zahlen zum Partizipationsschein

Ein durchschnittliches Dividendenwachstum von mehr als zehn Prozent wiesen in den letzten zehn Jahren Also, Logitech, Partners Group, Sika, Swiss Life, Temenos und Zug Estates auf. Swiss Life glänzt dabei mit dem höchsten Wachstum von 19,6 Prozent. In letzter Zeit hat die Partners Group aber weiter Boden gutgemacht und kommt auf 18,3 Prozent.

Während bei der Partners Group das weitere Dividendenwachstum davon abhängen dürfte, wie erfolgreich die Börsengänge aus dem Private-Equity-Portfolio ausfallen, stehen bei Logitech, Temenos und Swiss Life Verlangsamungen an. Swiss Life dürfte kaum ein ähnliches Wachstum wie in den letzten zehn Jahren aufweisen. Das Dividendenwachstum sollte in der Periode 2023 bis 2026 noch eine jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 8,4 Prozent zeigen. «Das ist aber immer noch sehr gut», hält der Vontobel-Versicherungsanalyst Simon Fössmeier gegenüber cash.ch fest. 

Die Krone als Dividendenaristokrat mit der höchsten Dividendenrendite musste Swiss Life ( 4,9 Prozent) an Orior (6,6 Prozent) abtreten. Die höhere Dividendenrendite ist bei Orior aber nicht auf steigende Dividenden, sondern vielmehr auf einen Kursrückgang an der Börse im Umfang von mehr als 40 Prozent in 2024 zurückzuführen. 

Der Nahrungsmittelhersteller hat im ersten Halbjahr des laufenden Jahres an Profitabilität eingebüsst. Weil das Unternehmen im August sein Portfolio zu überarbeiten begann, senkte es die Guidance für das Gesamtjahr. Unter diesen negativen Vorzeichen dürfte Orior nach Bekanntgabe der Jahreszahlen inklusive Angaben zur Dividendenausschüttung im Frühjahr 2025 aus dem Ranking der Dividendenaristokrat fliegen, erklärt Manuel Lang, Aktienanalyst von Vontobel, gegenüber cash.ch.

Interroll und Orior auf der Kippe

Orior ist nicht die erste Firma, welche die Kriterien eines Dividendenaristokraten nicht mehr erfüllt. Anfang 2024 erleidete Interroll dieses Schicksal. Dank der starken Nachfrage im E-Commerce konnte Interroll vorher über viele Jahre hinweg seine Gewinne und Dividenden stetig erhöhen. Im letzten Jahr war aber Schluss. Derzeit hat das Unternehmen mit Überkapazitäten zu kämpfen und die Ergebnisse gehen zurück. «Wenn die Ausschüttungsquote bei Interroll unverändert bleibt, kann sogar eine Kürzung der Dividende nicht ausgeschlossen werden», meint Lang von Vontobel. 

Wenig überzeugende Kennzahlen und eine enttäuschende Börsenentwicklung verzeichnen auch die Nestlé-Valoren. Immerhin stellt das Management weiter steigende Dividendenausschüttung in Aussicht. Liquide Mittel aus der operativen Geschäftstätigkeit sind beim Nahrungsmittelkonzern aus Vevey vorhanden.

Nach dem Ausverkauf seit Jahresbeginn ist die Aktie für Dividendenliebhaber attraktiver geworden. Aktuell beträgt die Dividendenrendite 4,1 Prozent. Das ist hinter Orior und Swiss Life der drittbeste Wert unter den 15 Dividendenaristokraten.  

Vontobel hat bei Nestlé ein Kursziel von 100 Franken und stuft die Aktie mit «Buy» ein. Es ist für Nestlé jetzt am wichtigsten, das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen. Die Finanzziele sind von entscheidender Bedeutung und müssen zunächst im laufenden Geschäftsjahr erreicht werden. «Wir sind überzeugt, dass Nestlé den Turnaround schaffen wird, auch wenn der Weg lang und nicht geradlinig sein wird», zeigt sich der Vontobel-Analyst optimistisch. 

Pharma weiter top

Fest verankert in der Vontobel-Auswertung der Schweizer Dividendenaristokraten sind die beiden Pharmawerte Novartis und Roche, wobei letztgenannte in den letzten 31 Jahren die Dividende kontinuierlich erhöhen konnte. Bei der Rendite liegt Roche (3,8 Prozent) mit Novartis (3,7 Prozent) praktisch gleich auf. 

Sowohl Novartis und Roche kamen seit Anfang November kursmässig nur halbherzig vom Fleck. Ein Sorgenpunkt bleibt unter anderem die Zollpolitik der neuen Regierung von Donald Trump, welche die Valoren der beiden Pharma-Schwergewichte derzeit belastet.

Neue Kandidaten stehen bereits in den Startlöchern

Mit dem Wegfallen von Interroll sank Anfang 2024 die Zahl der Dividendenaristokraten von 16 auf 15 Unternehmen. Mit dem erwarteten Ausscheiden von Orior 2025 wären noch 14 Unternehmen im Ranking vertreten. 

Vontobel macht für das neue Jahr allerdings schon potenzielle Kandidaten aus, welche die entstandene respektive entstehende Lücke füllen könnten. Sollten PSP Swiss Property und Siegfried die Erwartungen bei den Jahreszahlen 2024 erfüllen, so wären es wieder 16 Dividendenaristokraten. Vontobel stellt das neue Ranking vermutlich im Frühjahr 2025 zusammen. 

Thomas Daniel Marti
Thomas MartiMehr erfahren