Am vergangenen Wochenende ist es bei zwei verschiedenen Boeing-Modellen zu Schäden mit herunterfallenden Triebwerksteilen gekommen. Eine Boeing 777 der US-Fluggesellschaft United Airlines mit 241 Menschen an Bord musste deshalb ungeplant in Denver landen. Bei dem Aufschlag grosser Trümmerteile, unter anderem direkt neben einem Haus, wurde niemand verletzt. Ebenfalls am Samstag verlor eine Boeing 747-400 bei einem Cargo-Flug des Charterfliegers Longtail Aviation kurz nach dem Start in Maastricht Metallteile. Dabei wurde nach Medienberichten eine Frau leicht verletzt und Autos beschädigt. Die Maschine brach den Flug nach New York ab und landete in Lüttich. In beiden Flugzeugtypen ist das Triebwerk PW4000 von Pratt & Whitney verbaut.

Die niederländische Flugaufsicht erklärte am Montag, die Untersuchung des Vorfalls habe erst begonnen. Die Europäische Flugaufsichtsbehörde EASA teilte mit, zu beiden Fällen Informationen zu den Ursachen anzufordern, um über weitere Schritte zu entscheiden.

Boeing äusserte sich zu dem Vorfall in den Niederlanden zunächst nicht. Mit Blick auf die 777 rief der Flugzeugbauer die Airlines auf, das Modell mit den betroffenen Triebwerken vorerst aus dem Verkehr zu ziehen. United Airlines kündigte an, ihre 24 betroffenen aktiven Maschinen stillzulegen, bis die Untersuchung abgeschlossen sei. United ist die einzige amerikanische Fluggesellschaft, die den Flugzeugtyp einsetzt. Andere Betreiber sind der US-Flugaufsichtsbehörde FAA zufolge in Japan und Südkorea. Boeing teilte mit, es seien 69 solcher Maschinen im Einsatz. Weitere 59 stehen aufgrund der Corona-Krise ohnehin am Boden. Für den US-Flugzeugbauer sind die Probleme ein Rückschlag, nachdem das frühere Problem-Modell 737 MAX bald wieder fliegen darf. Nach einer Absturzserie mussten die Maschinen mehr als ein Jahr am Boden bleiben.

BOEING 777 NICHT IN EUROPÄISCHEN FLOTTEN

Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA kündigte umgehend eine Überprüfung der Flugtauglichkeit aller Boeing 777 mit den Triebwerken PW4000 an. Eine erste Überprüfung des Triebwerksausfalls zeige, "dass die Inspektionsintervalle für die hohlen Lüfterflügel erhöht werden sollten, die einzigartig für dieses Triebwerksmodell sind und nur beim Typ 777 verbaut werden", erklärte FAA-Chef Steve Dickson. Zwei Lüfterflügel seien gebrochen und Verkleidungsteile hätten sich gelöst. Die betroffenen Jets 777-200 und 777-300 sind ältere Modelle, die bei vielen Airlines schon ausgemustert sind. Das japanische Verkehrsministerium wies die Gesellschaften Japan Airlines (JAL) und die Lufthansa-Partner-Airline ANA an, ihre 13 beziehungsweise 19 Flugzeuge ausser Betrieb zu nehmen. Anfang Dezember musste nach Angaben des Ministeriums eine 777 von JAL wegen Problemen des linken Triebwerks umkehren. Auch in diesem Fall waren Lüfterflügel zerbrochen.

Die Aufsicht in Südkorea wartete noch auf eine Empfehlung der FAA. Doch Korean Air Lines erklärte, ihre sechs derzeit eingesetzten Flieger blieben am Boden, zehn weitere sind bereits vorübergehend stillgelegt. Asiana Airlines hat neun Maschinen und erklärte, mit Boeing und den Behörden noch über Konsequenzen zu beraten. Von bisher mehr als 1600 gebauten Boeing 777 sind weniger als zehn Prozent mit dem betroffenen Triebwerkstyp ausgestattet. Auch die Lufthansa-Gruppe hat 777-Maschinen. Wie "Aerotelegraph" berichtet, ist aber keines davon mit dem betroffenen PW-Triebwerken ausgerüstet.

(Reuters)