Wegovy, Mounjaro oder Saxenda: Um die neuen Abnehmspritzen besteht seit Wochen und Monaten ein Mega-Hype. Befeuert wurde er durch Aussagen von Prominenten wie Elon Musk, der eigenen Angaben zufolge mit einer Abspeck-Spritze über 10 Kilo verloren haben soll.

Vorgesehen sind die rezeptpflichtigen Spritzen, die in der Regel einmal pro Woche verabreicht werden, eigentlich für Leute mit einem Body-Mass-Index ab 30. Eine Verabreichung sollte auch verbunden sein mit einer entsprechenden Ernährungs- oder Bewegungsumstellung.

Auch an der Börse feiern die Hersteller dieser neuen Medikamente grosse Erfolge. Der Kurs der dänischen Novo Nordisk etwa, Herstellerin von Wegovy, ist von 530 dänischen Kronen Anfang August dieses Jahres auf nun 680 Kronen hochgesprungen. Der Titel hat sich seit 2021 verdreifacht.

Kritik an Schweizer Pharmakonzernen

Was dem Pharmaland Schweiz nun schnell den Vorwurf einbringt, dass der Trend mit den Abnehm-Medis verschlafen wurde. Vor allem auf Roche - der Konzern gibt seit eineinhalb Jahren an der Börse ein Bild des Jammers ab - prasselt etwelche Kritik ein.

Doch vergessen geht dieser Tage, dass Roche so etwas wie ein Pionier auf dem Gebiet der Abnehm-Medikamente war. Der Pharmakonzern lancierte bereits 1999 die Fett-Weg-Tablette Xenical. Sie basiert auf dem Wirkstoff Orlistat, Einnahme dreimal pro Tag.

Doch Leute, die damals die Tablette einnahmen, berichteten alsbald von recht unangenehmen Nebenwirkungen mit potenziell sichtbaren Folgen für die Umgebung. Es kam zu ziemlich unkontrolliert feuchten Lüften in die Unterwäsche.

«Sozial nicht akzeptierbare Probleme in der Unterhose»

Die "Neue Zürcher Zeitung" (Artikel bezahlpflichtig) ging hierzu vor ein paar Monaten etwas mehr ins Detail: Nach der Einnahme von Xenical kam es nicht selten zum "Abgang eines öligen Sekrets" sowie zu vermehrten Stuhlgang. Ein Konkurrent, der es besser machen wollte als Roche, sprach mit Blick auf die Xenical-Nebenwirkungen von "sozial nicht akzeptierbaren Problemen in der Unterhose".

Bei Xenical, das heute auch unter dem Namen von Alli rezeptfrei erhältlich ist, blieb ein Grosserfolg aus. Vielleicht können die Xenical-Nebenwirkungen des frühen Versuches von Roche auch als Warnung für die heutigen Hype-Spritzen verstanden werden. Denn ganz ungefährlich sollen sie laut Karl Broich, Präsident des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Deutschland, nicht sein.

Auf die Frage des “Spiegel” (Artikel bezahlpflichtig), was er Elon Musk hinsichtlich der von ihm genommenen Schlankheitsspritze Ozempic sagen würde, antwortete Broich: "Ich würde ihm sagen, dass ich ihm wünsche, dass er keinen Schilddrüsenkrebs bekommt." Denn es werde so getan, als hätten diese Medikamente keine Nebenwirkungen. "Es gibt offenbar keine vernünftige Nutzen-Risiko-Abwägung mehr, und die Nebenwirkungen werden völlig unter den Tisch gekehrt", so Broich.

Daniel Hügli
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