Der Dow Jones hat seit Ende März, als der US-Börsenleitindex ein Zwischenhoch erreichte, rund 10 Prozent verloren. Beim technologielastigen Nasdaq 100 ging es seit dem 4. April gar rund 22 Prozent bergab. Damit haben sich laut Bloomberg seit Ende März 6,3 Billionen Dollar bei den wichtigsten US-Aktienindizes in Luft aufgelöst.
Die US-Inflationsdaten in dieser Woche hätten der Talfahrt zumindest ein zwischenzeitliches Ende bereiten können. Hätten. Sie haben stattdessen weitere Unsicherheiten ausgelöst. Kopfzerbrechen bereiteten Anlegern am Donnerstag die US-Produzentenpreise. Sie gingen zwar im April auf elf Prozent im Jahresvergleich zurück. Analysten hatten aber einen Rückgang auf 10,7 Prozent vorhergesagt.
Die US-Teuerungsrate fiel im April auf 8,3 Prozent, nach 8,5 Prozent im März, wie am Mittwoch bekannt wurde. Nach einer Phase starker Anstiege hat sich die Inflation in den USA damit erstmals seit August 2021 abgeschwächt. Ökonomen hatten für April aber mit einem Rückgang auf 8,1 Prozent der Teuerung gerechnet.
"Wir sehen zwar, dass sich die Inflation zu verlangsamen beginnt, aber nicht so schnell wie erhofft", sagte Gene Goldman, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Cetera. Das verunsichere Anleger, denn wenn die Fed die Zinsen zu aggressiv anhebe, schade dies dem Wachstum.
Mögliche Erholungsphase dauert bis Frühling
"Es gibt die Befürchtung, dass der Leitzinsanstieg zu rasch erfolgen und die Wirtschaft dadurch in eine Rezession gestürzt wird", schrieb Ökonom Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank. Die Konjunkturdaten aus den USA gäben zwar noch keinen Anlass zur Sorge. Der jüngste Einbruch an den Aktienmärkten könne aber "als Hinweis gedeutet werden, dass die Anleger schlechtere Zeiten erwarten und daher Aktien verkaufen".
Die Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell öffneten einigen Anlegern noch einmal die Augen, was die Märkte in den kommenden Monaten erwarten wird. "Es wird auch einige Schmerzen mit sich bringen, die Inflation auf zwei Prozent zu senken", sagte Powell dem Sender Marketplace Radio am Donnerstag.
Vor diesem Hintergrund gibt es nur wenige Strategen, welche bei den Aktienmärkten eine Bodenbildung sehen. Stratege Michael Wilson von Morgan Stanley sieht bei europäischen und US-Märkten weitere Korrekturen, mit zunehmender Zeit auch aufgrund von rückgängigen Unternehmensgewinnen.
Den S&P 500 sieht Wilson weiter fallen. Eine danach einsetzende Erholungsphase, die bis zum nächsten Frühling dauere, werde den breit gefassten US-Börsenindex wieder auf 3900 Punkte führen. Das läge aber noch immer rund 2,5 Prozent unter dem derzeitigen Niveau. Wilson empfiehlt eine defensive Positionierung mit einer Übergewichtung im Gesundheitswesen, Versorgungsunternehmen und Immobilienaktien.
(cash, mit Agenturmaterial)