Die Schweizer Bankbranche ist seit dem Niedergang der Credit Suisse in Bewegung. Im Inlandgeschäft haben vor allem die Kantonalbanken von einem starken Zufluss von Spargeldern der CS-Kunden profitiert. Gleichzeitig wetteifern auch Privatbanken und Auslandsbanken um Kunden und qualifiziertes Personal der Grossbanken.
Der anhaltende Niedergang der Credit Suisse, der zur Notübernahme durch die UBS im März 2023 führte, verursachte massive Mittelabflüsse aus der damals zweitgrössten Schweizer Bank. Für die hiesige Bankbranche heisst das, dass die Karten neu gemischt werden.
Erste Adresse für CS-Sparer, die ihre Guthaben in Sicherheit bringen wollten, waren die Kantonalbanken. Mehr als 80 Prozent der abgezogenen CS- Kundeneinlagen seien zu den Staatsinstituten geflossen, schätzt die Hochschule Luzern (HSLU) in einer unlängst publizierten Studie. "Dies verdeutlicht den Wunsch der Sparerinnen und Sparer nach der Stabilität und Sicherheit der Kantonalbanken", kommentierte HSLU-Professor Andreas Dietrich.
Entsprechend deutlich war auch die Verschiebung der Marktanteile: Laut der HSLU-Untersuchung, die sich auf Daten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bezieht, schrumpfte der Grossbanken-Anteil an den gesamten Schweizer Kundeneinlagen zwischen August 2022 und April 2023 um 4 Prozentpunkte auf noch 28 Prozent. Die Kantonalbanken überholten die Grossbanken dagegen und kommen auf einen Marktanteil von fast 32 Prozent. Nur moderat legten dagegen die anderen Bankengruppen wie etwa Raiffeisen oder die Regionalbanken zu.
Welle an Personalwechseln
Aber auch die hiesigen Vermögensverwaltungsinstitute haben die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen: "Das grosse Thema im Jahr 2023 war, wer welche Kundenberater von der CS abwerben kann", sagt Andreas Venditti, Bankenanalyst bei der Bank Vontobel. Mit der Anwerbung zahlreicher neuer Beraterinnen und Berater und oft auch von ganzen Teams lösten die Institute eine wahre Welle von Personalwechseln aus. Begehrte Personen mit interessanten Kundendossiers seien - oft zum Verdruss der UBS - auch mit hohen Zahlungen abgeworben worden, hiess es in Branchenkreisen.
Zunächst unproduktive Neuzugänge In den Kundenvermögen der Schweizer Privatbanken hat sich die neue Situation bisher allerdings nur beschränkt niedergeschlagen. Grosse Institute wie etwa Julius Bär, Pictet oder EFG wiesen im bisherigen Jahresverlauf zwar Neugeldzuflüsse aus, blieben aber unter den Erwartungen vieler Investoren.
"Die verwalteten Vermögen entwickeln sich eher langsam", meinte etwa auch KPMG- Bankenexperte Christian Hintermann unlängst in einem Interview mit dem Webportal "Finews". Das dürfte laut Branchenbeobachtern damit zusammenhängen, dass neue Kundenberaterinnen und -berater erst nach Monaten überhaupt "produktiv" werden: Nicht nur haben sie nach dem Stellenwechsel oft mehrmonatige Kündigungs- und Stillhaltefristen einzuhalten. In der Folge müssen sie auch Systeme und Angebote ihres neuen Instituts kennenlernen, bevor sie Kunden kontaktieren und zu einem Wechsel bewegen können.
Abwerbungen auch 2024
Wie sehr sich die neu eingestellten Kundenberater schlussendlich für die einzelnen Privatbanken auszahlen werden, wird sich also erst zeigen. "Es wird interessant zu sehen sein, ob sich die Neuanstellungen nur in hohen Mehrkosten manifestieren oder auch in zusätzlichen Kundenvermögen", sagte etwa KPMG- Experte Hintermann. Bankanalysten gehen aber durchaus von steigenden Geldzuflüsse für Institute wie Julius Bär oder EFG in den nächsten beiden Jahren aus.
Wegen dem Start der Kundenberater erst im zweiten Halbjahr würden zudem die Abwerbeversuche von Kunden wohl noch deutlich zunehmen, kommentiert etwa Venditti: "Das wird ein wichtiges Thema für 2024."
Morgenluft auf dem Schweizer Markt wittern auch viele Auslandsbanken. Institute wie die Deutsche Bank, die Commerzbank oder BNP Paribas haben dabei vor allem ein Auge auf Firmenkunden geworfen, die nach dem CS-Aus eine neue Bankverbindung suchen. So präsentierte sich etwa auch eine US-Grossbank wie JPMorgan in den Medien als Institut für Schweizer KMU.
Die verbliebene Schweizer Grossbank UBS bleibt aber ebenfalls nicht untätig: Die Führung der fusionierten Bank hat sich ausdrücklich auf die Fahnen geschrieben, möglichst viele Kunden und Kundengelder zurückzugewinnen. Für Vontobel-Analyst Venditti ist das durchaus realistisch. Viele CS- Kunden hätten zwar ihre Mittel abgezogen, aber die Bank nicht gänzlich verlassen. "Gerade wenn noch immer die gleichen Kundenberater da sind, könnte durchaus ein Teil der Mittel zurückfliessen."
(AWP)
1 Kommentar
Bleiben da im Schweizer Banking noch Karten übrig, die neu gemischt werden können?
Man darf auf das enttäuschende Kommissionsgeschäft der Banken gespannt sein!