Der Bundesrat hat vor wenigen Wochen seine Sparmassnahmen im Umfang von rund 4 Milliarden Franken präsentiert. Besonders brisant für Alterssparende: Kapitalbezüge aus der 2. und 3. Säule sollen künftig so besteuert werden, dass sie gegenüber der Rente steuerlich nicht mehr bevorzugt sind. Der Bundesrat erwartet davon ab 2030 jährliche Mehreinnahmen von 220 Millionen Franken.
Generell ist zu beachten, dass sich die geplanten Anpassungen auf die direkte Bundessteuer beziehen. Diese hat im Verhältnis zur Gesamtsteuerbelastung in der Regel einen relativ geringen Einfluss, da ein wesentlich grösserer Teil auf die Kantons- und Gemeindesteuer entfällt. Somit dürften auch die teilweise erheblichen Unterschiede je nach Wohnort bestehen bleiben, wenn auch in geringerem Masse beziehungsweise abhängig von der Höhe des bezogenen Alterskapitals.
Da die Kapitalauszahlungssteuer im heutigen System in der Regel niedriger ist als die reguläre Einkommenssteuer, ist der Kapitalbezug aus steuerlicher Sicht langfristig oft vorteilhafter. Ein höherer Steuersatz auf den Kapitalbezug könnte laut Tashi Gumbatshang, Leiter des Kompetenzzentrums Vermögens- und Vorsorgeberatung bei Raiffeisen Schweiz, daher dazu führen, dass der Kapitalbezug im Vergleich zur lebenslangen Rente an Attraktivität verliert.
Nicht nur steuerliche Überlegungen bei Renten
«Sollte das Besteuerungssystem für den Kapitalbezug aus der 2. und 3. Säule auf Bundesebene geändert werden, würde das vor allem bei hohen Vorsorgeguthaben deutlich höhere Steuern zur Folge haben», sagt auch Mario Bucher des Vorsorgedienstleisters Pensexpert gegenüber cash.ch.
Diese Systemänderung hätte auch zur Folge, dass die Kantons-, Gemeinde- und Kirchensteuern anders berechnet würden als die Bundessteuern. Ob diese Besteuerungsänderung auf Bundesebene einen Einfluss auf die Entscheidung zwischen Kapital- und Rentenbezug haben wird, lässt sich laut Bucher heute nur schwer abschätzen. Und da die genaue Berechnungsgrundlage noch nicht abschliessend geklärt ist, kann der Experte zum heutigen Zeitpunkt noch keine konkreten Beispiele berechnen.
Ähnlich äusserte sich auch UBS-Ökonom James Mazeau: «Es ist noch zu früh, sich zu den Auswirkungen der vorgeschlagenen Massnahme zu äussern, da die Einzelheiten der Umsetzung noch nicht bekannt sind.» Dennoch geht Mazeau davon aus, dass eine erhöhte Steuer auf Kapitalbezüge aus der 2. und 3. Säule diese finanziell weniger attraktiv machen könnte als bisher, aber nicht unbedingt weniger attraktiv als Renten.
Diese Einschätzung begründet der UBS-Experte damit, dass die Wahl der Leistungsart – Rente, Kapital oder eine Mischung aus beidem – nicht nur von steuerlichen Überlegungen geleitet wird. Auch andere Faktoren spielen eine Rolle, wie das Vertrauen in das System, der Umwandlungssatz, der Kapitalbedarf, die Bereitschaft, Vermögen an andere weiterzugeben oder der Gesundheitszustand. Über dieses Thema hat cash.ch hier berichtet.
Wegfall des Anreizes problematisch
Der Hinweis, dass die Entscheidung zwischen Kapitalbezug oder Rente beziehungsweise einer Kombination davon nicht primär aufgrund steuerlicher Überlegungen, sondern vor allem aufgrund anderer Aspekte wie finanzielle Sicherheit, finanzielle Flexibilität, familiäre Situation oder Gesundheitszustand getroffen wird, ist zutreffend. Die Motivation, in die Säule 3a zu investieren, ist jedoch vor allem, Steuern zu sparen. «Hier erwarte ich, dass die Attraktivität deutlich zurückgehen wird», erklärt Yvonne Seiler Zimmermann, Professorin am IFZ der Hochschule Luzern in Zug.
Ist eine potenziell geringere Attraktivität der Säule 3a problematisch? «Wenn auch ausserhalb der Säule 3a so gespart wird, dass im Rentenalter keine Vorsorgelücke entsteht, sehe ich keine Probleme», sagt Seiler. Problematisch sei vielmehr, dass der Anreiz wegfällt und insbesondere mittlere Einkommen möglicherweise nicht die Disziplin aufbringen, jedes Jahr Geld für das Alter anzusparen. Wer ausserhalb der Säule 3a fürs Rentenalter spart, muss ebenfalls die Disziplin haben, nicht vorzeitig auf dieses Geld zuzugreifen.
Einzahlungen in die Säule 3a bieten laut Bucher von Pensexpert weiterhin einen grossen Mehrwert, da die Einzahlungen vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können und das Vorsorgeguthaben nicht als Vermögen besteuert wird, solange es sich im Vorsorgekreislauf befindet. Zusätzlich sind die jährlich erzielten Zins- und Dividendenerträge in der 2. und 3. Säule steuerfrei. «Ganz abgesehen davon ist die Anwendung der vorgeschlagenen Berechnungsmodalität bei den typischerweise kleineren Guthaben in der Säule 3a, im Vergleich zu den Pensionskassenguthaben, weniger nachteilig und kann sogar vorteilhaft sein», betont Bucher.
Bei der Säule 3a bleiben die jährlichen Steuervorteile während der Ansparphase bestehen. Dazu zählen die Abzugsfähigkeit des steuerbaren Einkommens sowie die Befreiung der Zins- und Kapitalerträge von der Einkommens- oder Verrechnungssteuer. Laut Tashi Gumbatshang von Raiffeisen bleibt die Säule 3a somit ein wichtiger Bestandteil der individuellen, steueroptimierten Altersvorsorge.
Ende Januar 2025 soll das Sparpaket in die Vernehmlassung gegeben werden. Das letzte Wort hat also das Parlament - oder im Falle eines Referendums das Volk.
18 Kommentare
Der Staat bereichert sich an dem der spart fürs Alter. Das sind für mein Verständnis keine Sparmassnahmen.
Wieso? Ohne "Staat", also ohne politischen Willen und ohne entsprechende Umsetzung, würde es weder eine PK mit 50% Zuzahlung des Arbeitgebers noch eine steuerbegünstigte Säule 3a in der Ansparphase geben. Dass der Kapitalbezug aus der PK mittelfristig "weniger attraktiv" wird kann ich mit Blick auf die Demographie/Alterspyramide und die weniger werdenden Beitragzahler (jüngere Generationen) sogar nachvollziehen. Das löst aber noch nicht das Dilemma der PKs: solange sie gezwungen sind die Versichertengelder extrem defensiv anzulegen (wieder politische Vorgabe) fällt die Wahl häufig auf Immobilien - und dort treiben die PKs über höheren Mietzins die notwendige Rendite ein. Deshalb auch die Zügel für die PKs etwas lockern zum Thema "Anlagemöglichkeiten".
Ich würde auch bei steuerlichen Nachteilen einen vollständigen Kapitalbezug immer einer PK Rente vorziehen und den Betrag z.B. in Index ETF oder Dividend Growth ETF anlegen. Die mittel-/langfristige Rendite ist sehr viel höher, die zu zahlenden Steuern auf Vermögen sind minim (siehe den Steuerrechner des estv, der Eidgenössischen Steuerverwaltung) und man hat jederzeit Zugriff auf seine Wertschriften. Ja, selbst Geld anlegen (statt durch Dritte anlegen lassen) erfordert eine gewisse Disziplin. Deshalb so früh wie möglich an der Börse agieren, Fehler machen, Erfahrungen sammeln,besser werden ;-)
Beim Hohelied auf den Kapitalbezug (Steuern sparen) wird nie erwähnt, dass auf dem ETF und Aktienfonds Ausschüttungen als Einkommen versteuert werden müssen und zwar zum gleichen Satz wie Renteneinkommen. Die Anlage ist ja langfristig gedacht, also zahlt man Steuern über viele Jahre, bevor man das Kapital aufbraucht. Zusätzlich zur Vermögenssteuer. Die PK‘s zahlen in einen Sicherheitsfonds ein, der im Krisenfall einspringt, im Gegensatz zur privaten Anlage.
Das wir zuviele Pensionskassen und Kässeli haben ist unbestritten. Bei der erwirtschafeten Rendite gibt es auch riesen Unterschiede welche Versicherte in schlechten Fall zu schlucken haben oder die Arbeitsstelle wechseln müssen. Es wird höchste Zeit, dass die PK vom Arbeitgeber losgelöst wird und ich als Versicherungsnehmer in der Kassenwahl frei bin.
@ernsthabentuer
?
100% richtig.
Da bin ich der gleichen Meinung. Die Pensionskassen ohne Rendite (wie meine) verschwinden dann sehr schnell.
Absolut, und im Nachgang würde den verbreiteten "Rohners" und "Ospels" das Handwerk gelegt, denn eine starke, unabhängige PK duldet keine langjährige Kapitalvernichtung.
Zuersteinmal kann man den Kapitalbezug dem Rentenbezug steuerlich nicht gleichstellen, weil die Vermögens- und Einkommenssituationen in beiden Fällen sehr unterschiedlich sind. Dazu kommt, dass man nicht weiss, wie lange jemand lebt, d.h. die summarische Steuerbelastung beim Rentenbezug kann sehr unterschiedlich ausfallen, während beim Kapitalbezug die Steuer immer gleich ausfällt. Von daher ist das mal wieder so ein typischers bürgerlicher Denkfurz, der hinten und vorne nicht "verhebt".
Dann kommt dazu, dass eine solche Regelung nur für Vermögen ab Einführung der Regel gelten darf. Jede rückwirkende Anwendung wäre ein massiver Verstoss gegen das fundamentale Rechtsprinzip der Rechtssicherheit. Würden BR und Parlament eine rückwirkende Änderung machen, wie sie das beim Umwandlungssatz auch schon gemacht haben, müsste sich das Bundesgericht damit befassen.
Seit ein paar Wochen habe ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, dass ich dem Bundesrat nicht mehr vertrauen kann, weil er nicht mehr für das Wohl des Landes agiert, sondern parteiorientierte Klientelpolitik macht. Es wird Zeit, dass wir mit der bürgerlichen Mehrheit im BR und Parlament aufräumen: Genug ist genug.
Ihre Meinung deckt sich mit meiner. Ich habe den Eindruck der Bundesrat weiss sich nicht mehr anders zu helfen, als beim Volk Vorsorgegelder abzuschöpfen.