Ende August war es so weit, der Lohn trudelte auf dem Konto ein. Für Lernende, die im August ihre Ausbildung begonnen haben, ein besonderes Ereignis. Aber viele junge Leute fühlen sich auch überfordert und stellen sich Fragen wie: Was mache ich mit dem Geld? Ausgeben, auf das Sparkonto einzahlen oder investieren?
Gemäss dem Bundesamt für Statistik (BfS) verdienen Schweizerinnen und Schweizer in den Zwanzigern etwas mehr als 5’000 Franken pro Monat. Lernende starten im 1. Lehrjahr zwischen 500 und 800 Franken und verdienen bis zu 1500 Franken im letzten Lehrjahr, abhängig von Beruf und Branche. Viele denken bei den anfallenden Aus- und Abgaben nicht noch daran, ihr Geld anzulegen oder zu investieren, sondern eher die Lohnüberbleibsel auf dem Sparkonto ruhen zu lassen. Ein Fehler?
Wie risikofreudig bin ich?
Die meisten Eltern drängen ihre Kinder richtigerweise dazu, mit dem Sparen zu beginnen, um eine eiserne Reserve aufzubauen. Einige Eltern und vor allem Vermögensverwalter raten aber auch dazu, schrittweise zum Anlegen überzugehen, um das Vermögen langfristig zu vermehren.
Veronica Weisser etwa, Ökonomin und Vorsorgeexpertin bei der UBS, sagte unlängst im cash-Interview klar: "Ab dem ersten Lohn sollten 10 bis 15 Prozent des Bruttolohns monatlich breit in Aktien angelegt werden - in erster Linie mittels der dritten Säule." Damit sei man auf der sicheren Seite und könne sich ziemlich gut entspannen, da somit im Alter der Lebensstandard mit hoher Wahrscheinlichkeit gehalten werden könne. Weiter empfiehlt sie den wenig erfahrenen Anlegern ein gestaffeltes Investieren: "Man sollte monatlich automatisiert in ein diversifiziertes Aktienportfolio investieren."
Ob man schon früh investieren will, hängt auch vom familiären Umfeld bei jungen Leuten ab. Lernende oder Studierende mit finanz- und börsenaffinen Elternteilen werden wohl eher zu den Frühinvestoren gehören. Beide Wege, Sparen und Anlegen, haben ihre Berechtigung und Vorteile. Somit entscheidet sich die eigene Finanzstrategie nicht bei der "logischen Lösung", sondern eher bei der Risikobereitschaft.
Anlegen mit Aktien ist natürlich risikoreicher, da die Entwicklung von diesen Wertpapieren von der Entwicklung der Finanzmärkte abhängt. Allerdings wird mit der Zeit die Gefahr von Verlusten immer kleiner. Heisst: Je länger der Anlagehorizont, desto kleiner die statistische Wahrscheinlichkeit, dass Verluste resultieren, während die Chance auf Gewinne steigt. Das zeigt ein Blick zurück. Der Aktienmarkt hat seit 1990 drei grössere Einbrüche verzeichnet: Um die Jahrtausendwende während der Dotcom-Blase, in der Finanzkrise 2008 und in der Corona-Zeit. Die Börsen haben dies mit der Zeit immer wieder aufgeholt. Resultat: Die Rendite des Swiss Market Index beträgt seit 1990 pro Jahr durchschnittlich 7,9 Prozent.
Entscheidet man sich für eine Anlagestrategie, sollte dennoch nie vergessen werden, zusätzlich etwas Geld zu sparen, das schnell zugänglich ist. Einige Banken empfehlen etwa, direkt per Dauerauftrag 10 Prozent auf das Sparkonto einzahlen, sobald der Lohn überwiesen wurde. Somit werden Veränderungen beim Einkommen ebenfalls berücksichtigt.
Die Zeit ist ein Freund der Anleger
Kleine Beträge jeden Monat summieren sich im Laufe der Zeit. Beim Anlegen mit Aktien können diese Beträge weiter wachsen. Je früher damit begonnen wird, desto entscheidender fällt der Zinseszinseffekt aus. Dem stimmt auch Weisser von der UBS zu: "Der Zinseszinseffekt bei den Aktien wird häufig unterschätzt."
Nachteil beim reinen Sparen: Der reale Zinsertrag der Sparkonten kann seit einiger Zeit wegen des tiefen Zinsniveaus nicht mit der Inflation mithalten. Reine Sparer verlieren mit der Kontolösung derzeit also Geld.
Somit wird der Unterschied zur Rendite mit dem Sparen mittels Aktien noch grösser. Ein Beispiel hierfür unten in der Tabelle. Hier wird angenommen, dass Zinsen von 0,1 Prozent auf dem Bankkonto bezahlt werden und eine durchschnittliche von 5 Prozent für die Anlagelösung über eine Anlagedauer von 15 Jahren besteht.
Sparbetrag monatlich | Betrag total | Resultierender Betrag Sparkonto | Resultierender Betrag bei einer Anlagelösung | Differenz |
CHF 100 | CHF 18'000 | CHF 18'134 | CHF 26'483 | CHF 8'348 |
CHF 200 | CHF 36'000 | CHF 36'269 | CHF 52'967 | CHF 16'698 |
CHF 500 | CHF 90'000 | CHF 90'672 | CHF 132'417 | CHF 41'745 |
Quelle: finedependent
Die Tabelle zeigt, welch unterschiedlichen Betrag die beiden Möglichkeiten am Ende aufweisen. Bei einer Anlagelösung verdient also das Geld, das investiert wird, Zinsen, und diese Zinsen werden wiederum reinvestiert, um weitere Zinsen zu verdienen. Dies führt zu einem exponentiellen Wachstum des Kapitals.
Welche Anlagen kommen in Frage?
Einfach planlos auf den Märkten Geld zu investieren, ist nicht ratsam. Ohne geeignetes Wissen irgendwelchen Trends oder dem scheinbar maximalen Gewinn zu folgen, kann zu schnellem Verlust des eigenen Geldes an der Börse führen. Damit das nicht passiert, ist die Wahl einer Anlagestrategie empfehlenswert.
Gerade für Anlage-Neulinge empfehlen Vermögensberater nicht die Investition in einzelne Aktientitel, da das Risiko tendenziell höher ist. Therese Faessler, Gründerin von Invested.ch und leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität St. Gallen, rät: "Vermögensverwaltung ist anspruchsvoll - wer zu wenig Zeit oder zu wenig Know-how für das Verwalten der Vermögensanlage habe, kann sich für einen ETF entscheiden - beispielsweise einen ETF auf dem Swiss Market Index."
Ein möglicher ETF (Exchange Traded Fund, also ein börsengehandelter Fonds, der Indizes nachbildet) zum Einsteigen wäre der ausschüttende "iShares Core SPI (CH)", welcher den gesamten Schweizer Aktienmarkt umfasst. Mit einer TER (laufende Kosten pro Jahr) von 0,10 Prozent ist er mit Abstand der günstigste ETF auf den Swiss Performance Index (SPI), der alle börsenkotierten Schweizer Aktien umfasst.
Ebenfalls empfohlen wird der "iShares MSCI ACWI UCITS ETF", der eine breite Streuung über mehr als 2000 Unternehmen weltweit bietet, mit Kosten von 0,2 Prozent pro Jahr. Beide ETF bieten eine breite Diversifikation, langfristiges Wachstumspotenzial, niedrige Kosten und eine einfache Handhabung.
Neben ETF bieten auch Fonds oder Fondssparpläne eine der besten Möglichkeiten für Neulinge, in den Markt einzusteigen. Fonds sind Investitionsmöglichkeiten, bei denen das Kapital vieler Anleger zusammengeführt und in verschiedene Wertpapiere angelegt wird. Fondssparpläne hingegen sind Programme, bei denen regelmässig ein fester Betrag in einen oder mehrere dieser Investmentfonds eingezahlt wird. Sie bieten Diversifikation über viele Aktien oder Anleihen hinweg, was das Risiko reduziert.
Geraten wird, stets nur so viel Geld anzulegen, wie man für die nächsten Jahre entbehren kann, ohne in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Mit der Investition von 20 Franken pro Monat, oder gar 100 Franken wie im Beispiel der Tabelle oben, in einen Fondssparplan kann man von den Entwicklungen an den Märkten profitieren. Diverse Banken oder Finanz Apps bieten Beratungen und Übersichten für Neulinge an.
1 Kommentar
Auch Jugendlichen mit weniger affinen Eltern sei geraten, sich auf der Bank auf welcher sie ihr Sparkonto haben plus dem Internet schlauzumachen. In jungen Jahren erwartet eine Bank für eine Erstanlage keine riesen Spareinlagen sondern ist eher bereit, einen jugendgerechten Spar- und Investmentplan aufzustellen. Ich bin vo 26 Jahren seinerzeit zu meiner Bank mit einem luen Fufziger. "Ich will anlegen und mir so ein gewisses Vermögen aufbauen". Das begann mit 80 Franken im Monat für Einlagen, und 100 Franken sparen. 45% meines Lehrlingslohns. Seither bin ich bei derselben Bank und stets gut beraten. Habe mit ihnen gebaut/finanziert und investiert. Heute nebst Haus ein nicht Unwesentliches Barvermögen aufgebaut. Der Schlüssel dazu war ein stets a jour gehaltenes Haushaltsbudget, das mir auch stets monatliche Limiten aufzeigte. Nach Lohneingang werden sämtliche Lebenshaltungskosten sogleich abgeführt oder auf Rückstellungskonten gelegt, dass auf meinem Alltagskonto nur noch der Betrag liegt, den ich im Monat brauchen kann. Dazu ein zweites Kurzzeitkonto, auf welchem ich Flüssigmittel in maximaler Höhe zweier Monatslöhne bereithalte für Notfälle oder Aussergewöhnliches, ein Spar- und Steuerkonto sowie ein Konto für Auslagen fürs Haus. Daneben, 3a Anlageportfolien, und Anlagedepot. Die Konten wurden über Jahre auf- und ausgebaut und immer wieder der Lebenssituation angepasst.