Auch in Südkorea, wo sich gerade ein grösserer Ausbruch entwickelt, wurden zwei neue Tote durch die Lungenkrankheit und 161 neu entdeckte Infektionen gemeldet. Damit gibt es schon 763 Ansteckungen und sieben Todesfälle in Südkorea. In keinem anderen Land ausserhalb Chinas, wo das Sars-CoV-2-Virus im Dezember ausgebrochen war, wurden bisher mehr Infektionen gemeldet.
In Europa ist Italien mit mehr als 150 Infektionen am schwersten betroffen. Ein Fehlalarm legte am Sonntagabend den Zugverkehr zwischen Italien und Österreich über Stunden lahm. Zwei Eurocitys auf dem Weg von Venedig nach München wurden von Österreichs Behörden am Brenner gestoppt. Einer der Züge hatte zwei deutsche Frauen an Bord, die Fieber und starken Husten hatten. Sie wurden aber in Verone nach Angaben des österreichischen Innenministeriums negativ getestet. Danach konnten die 500 Passagiere nach München weiterfahren.
In vielen Gegenden in Norditalien steht das öffentliche Leben praktisch still. In der Lombardei wurden zehn Gemeinden in der Provinz Lodi zu Sperrzonen erklärt. Sie liegen in der Nähe des Finanzzentrums Mailand, der zweitgrössten Stadt Italiens. In Venetien wurde die Gemeinde Vo abgeriegelt. Schulen, Universitäten und Museen bleiben geschlossen. Auch der Karneval von Venedig, der bis Dienstag gehen sollte, wurde vorzeitig beendet. Drei Infizierte sind in Italien bisher an der Krankheit gestorben.
77'150 Infizierte in China
Aus rund 30 Ländern und Regionen ausserhalb Festlandchinas sind mehr als 2200 Infektionen und 27 Todesfälle berichtet worden. In Südkorea konzentriert sich der Ausbruch auf die südöstliche Millionen-Stadt Daegu und Umgebung. Allein 129 neue Infizierungen wurden wieder unter Mitgliedern der christlichen Sekte Shincheonji-Kirche Jesu gezählt. Mehr als die Hälfte aller Fälle im Land entfällt auf Anhänger der Sekte - möglicherweise durch einen "Superverbreiter". Die Regierung hat die höchste Alarmstufe für Infektionskrankheiten verhängt.
In China stieg die Zahl der Infizierten bis Montag erneut um 409 auf insgesamt 77 150. Mit den 150 neuen Todesfällen sind 2592 Tote zu beklagen. Die überwiegende Zahl der Toten und Infektionen wurden aus der schwer betroffenen Provinz Hubei in Zentralchina gemeldet. Am Wochenende besuchte ein Team der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit chinesischen Kollegen die Provinzhauptstadt Wuhan.
Auch viele Ärzte und Pfleger haben sich angesteckt - nach Angaben von Staatsmedien mehr als 3000. Über das Wochenende starben wieder drei Ärzte, zwei davon in Hubei. Im Alter von 29 Jahren starb Doktor Xia Sisi vom Xiehe Jiangbei Hospital in der Provinzhauptstadt Wuhan. Auch Huang Wenjun, Chefarzt der Lungenabteilung des Zentralhospitals in der Stadt Xiaogan, erlag der Lungenkrankheit. Ferner wurde aus Südchina der Tod des 55-jährigen Arztes Du Xiansheng vom Volkskrankenhaus in Haikou auf Hainan gemeldet.
Xi spricht von «grösster Krise»
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sprach am Vortag von der "grössten Gesundheitskrise" seit der Staatsgründung 1949. Er rief zu energischen Massnahmen zur Kontrolle der Epidemie auf. Nachdem das wirtschaftliche Leben in der zweitgrössten Volkswirtschaft stark abgebremst worden oder mancherorts sogar zum Stillstand gekommen ist, rief der Präsident nach Angaben der Staatsmedien vom Montag aber auch dazu auf, je nach Einschätzung der Gesundheitsrisiken vor Ort die Arbeit und Produktion langsam wieder aufzunehmen.
In Regionen, wo die Gefahr "vergleichsweise niedrig" sei, solle sich der Kampf gegen das Virus darauf konzentrieren, eine Einschleppung zu verhindern, während die Produktion und das öffentliche Leben wieder begonnen werden sollten. Gebiete mit einem "mittleren Risiko" sollten Arbeit und Produktion je nach der örtlichen Lage der Epidemie wieder anfahren, während Regionen "mit einem Risiko" sich hingegen weiter voll auf Kontrolle und Vorbeugung konzentrieren sollten.
Wegen der starken Auswirkungen auf die Wirtschaft kündigte Xi Jinping eine aktivere Haushaltspolitik und Hilfen wie Steuererleichterungen besonders für kleine und mittelgrosse Unternehmen. Auch deutete der Präsident eine Lockerung der Geldpolitik an. Viele Betriebe stehen still. Auch fehlen Firmen, die die Produktion wieder anfahren wollen, die Beschäftigten, weil viele Wanderarbeiter nach dem chinesischen Neujahrsfest noch nicht wieder aus ihren Dörfern zurückgekehrt sind. Immer mehr Unternehmen haben auch Probleme, Gehälter zu bezahlen.
(AWP)