Und plötzlich ist Gold wieder stark gefragt: Am Donnerstag erreichte der Preis pro Feinunze 1386 Dollar. So teuer war das Edelmetall zuletzt im März 2014. In diesem Jahr hat sich Gold um 8 Prozent verteuert, vor allem seit Anfang Juni geht der Preis steil bergauf:
Kursentwicklung Goldpreis in den letzten 52 Wochen, Quelle: cash.ch
Dass Gold gerade jetzt an Attraktivität gewinnt, ist kein Zufall. Anfang Juni deutete Fed-Chef Jerome Powell an einer Notenbank-Konferenz an, dass er bald eine Kehrtwende in der Geldpolitik einläuten könnte. Seither gehen die Marktteilnehmer von zwei bis drei Zinssenkungen in den USA bis Ende Jahr aus. Am Mittwochabend hat Powell an der Zinssitzung diese Marktthese bekräftigt, indem er die Bereitschaft für Zinssenkungen signalisierte.
Vieles spricht für Gold
Tiefere Zinsen machen Gold aus verschiedenen Gründen attraktiver: Da Gold keine Zinsen abwirft, ist es grundsätzlich in Tiefzinsphasen beliebter. Bei anderen sicheren Anlagen wie Staatsanleihen gibt es dann weniger zu holen. So ist die Rendite der US-Treasuries von 2,5 Prozent im Mai auf inzwischen 2,1 Prozent gesunken. Ökonomen würden es so umschreiben: Die Opportunitätskosten der Goldhaltung haben sich durch die Aussicht auf tiefere Zinsen verringert.
Zudem gehen Marktteilnehmer durch die Trendwende in den USA von einem künftig schwächeren US-Dollar aus. Der "Greenback" dürfte bei tieferen Zinsen als Investitionswährung etwas an Beliebtheit verlieren. Sinkt der Dollar, steigt in der Regel der Goldpreis. Das kommt daher, da Gold in Dollar gehandelt wird. Eine günstigere US-Währung macht den Golderwerb in anderen Währungen erschwinglicher und attraktiver.
Nicht ausser Acht gelassen werden sollte auch der altbewährte Status von Gold als Krisenwährung. Jüngst hat die USA neben dem Handelskonflikt mit China auch wieder vermehrt Probleme mit dem Iran. Iranische Revolutionsgarden haben am Donnerstagmorgen den Abschuss einer US-Drohne bestätigt. Anleger fürchten sich zunehmend von einer Rezession, verbunden mit einem Crash am Aktienmarkt. Die Neuausrichtung der US-Geldpolitik war zudem auch ein Signal an die Märkte, dass schwierigere wirtschaftliche Zeiten anstehen werden.
Die magische 1'400-Dollar-Marke
Gemäss der Onlinehandels-Plattform Bullion Vault werden die nächsten Tage und Wochen entscheidend für die weitere Goldpreisentwicklung sein. Leichte Rückschläge seien zwar möglich, doch würden früher oder später Werte bei über 1400 Dollar getestet. Das könne die Phantasien von zahlreichen Privatanlegern, die derzeit noch an der Seitenlinie verharrten, wecken und für weiteren Preisschub sorgen.
Analysten bei Julius Bär sehen den Goldpreis in zwölf Monaten bei 1425 Dollar pro Feinunze. Howie Lee, Ökonom bei Oversea-Chinese Banking, sieht ebenfalls noch Luft nach oben. Allerdings nicht wegen möglichen Goldkäufen von Privatanlegern, sondern weil Roboter aktiv werden könnten: Wenn Gold die Marke von 1400 Dollar durchbreche, könne eine Serie von Algorithmen Goldkäufe auslösen und den Preis auf 1500 bis 1600 Dollar ansteigen lassen, wird Lee bei Bloomberg zitiert.