Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan stehe mit seiner starren Haltung in Zinsfragen einer Lösung im Wege. Insidern zufolge sind bislang sämtliche Versuche, ihn umzustimmen, gescheitert.

"Einige Leute wollten ihn davon überzeugen, seine Politik zu ändern - ohne Erfolg", sagt ein hochrangiger Vertreter der Regierungspartei AKP. Der Präsident beharre dagegen darauf, die Leitzinsen trotz steigender Inflation und fallender Wechselkurse niedrig zu halten. "In der Regierung herrscht die Einschätzung, dass sich bei einer Fortsetzung dieser Strategie für einige weitere Monate der Trend umkehre", erläutert eine weitere mit der Angelegenheit vertraute Person. Widersprechende Meinungen würden ignoriert. Das Präsidialamt wollte sich zu diesem Thema nicht äussern.

Experten warnen vor Pleitewelle

Wirtschaftsexperten raten dagegen zu sofortigen Zinserhöhungen, um den freien Fall der Lira zu stoppen. Ansonsten werde sich der Anstieg der Teuerung weiter beschleunigen. Ausserdem drohe eine Pleitewelle bei Banken und Unternehmen.

Gleichzeitig treibe die Abwertungsspirale immer mehr Türken in den US-Dollar, sagt Analyst Murat Unur von der Investmentbank Goldman Sachs. "Die aktuelle Wirtschaftspolitik ist nicht nachhaltig. Die Regierung zeigt aber eindeutig, dass sie niedrige Zinsen bevorzugt und an diesen festhält, selbst wenn dies die Lira unter signifikanten Druck setzt." Bereits jetzt halten Türken mehr als die Hälfte ihrer Ersparnisse in harten Devisen.

Erdogan drückt Geldpolitik seinen Stempel auf

Der selbst ernannte "Zins-Hasser" Erdogan will die Zweifler eines besseren belehren: Um sich Einfluss auf die Geldpolitik zu sichern, hatte er in den vergangen Monaten mehrfach die Führung der Zentralbank ausgetauscht. Diese hatte dann vergangene Woche trotz einer Inflationsrate von fast 20 Prozent den Leitzins auf 15 von 16 Prozent gesenkt, was Analysten als "verrückten Schritt" werteten.

Den Ausverkauf der Lira heizte Erdogan in den vergangenen Tagen weiter an, indem er die Zinssenkung verteidigte und einen Sieg im "wirtschaftlichen Unabhängigkeitskrieg" seines Landes versprach. Erdogan wittert nun gar Kursmanipulation im Devisenhandel. Nach den wiederholten Verlusten der Lira an den Devisenmärkten der letzten Tage ordnet der Staatspräsiden eine Untersuchung wegen "Kursmanipulation" an.

(Reuters/cash)