Das geltende Recht sehe derzeit keine ausreichende Möglichkeit für eine kollektive Rechtsdurchsetzung vor, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung von Freitag. Das gelte insbesondere für die Verbandsklage, die zwar existiere, aber kaum angewendet werden könne. Es gebe sie nur bei Persönlichkeitsverletzungen.

Der Bundesrat will daher den Anwendungsbereich und die Rechtsziele der Verbandsklage ausweiten. Er erfüllt damit einen Auftrag aus dem Parlament.

Möglich für alle Rechtsverletzungen

Bei der Verbandsklage können Verbände oder Organisationen die Interessen von Geschädigten vertreten. Die Stiftung für Konsumentenschutz ist etwa eine Organisation, welche sich für die Rechtsdurchsetzung von mehreren, gleichgeschädigten Personen, einsetzt.

Eine solche Verbandsklage soll künftig für sämtliche Rechtsverletzungen zulässig sein. Verbände und Organisationen müssen dabei vier Voraussetzungen erfüllen: Sie dürfen nicht gewinnorientiert sein, müssen mindestens seit einem Jahr bestehen, statutarische oder satzungs-mässige Befugnis zur Interessenwahrung haben und von der beklagten Partei unabhängig sein. Diese Voraussetzungen sind eingeschränkter als im geltenden Recht

Neu soll es mit einer Verbandsklage auch möglich sein, Ersatzansprüche geltend zu machen. Eine Organisation, welche die genannten Bedingungen erfüllt, kann dann in ihrem eigenen Namen - und damit auf eigenes Risiko - die Ersatzansprüche der betroffenen Personen einklagen. Die Betroffenen müssen ihre Ermächtigung dazu geben oder sich der Klage ausdrücklich anschliessen. Es müssen sich mindestens zehn Personen anschliessen und der Schaden muss bei allen auf der gleichen Rechtsverletzung beruhen.

Das neue Verbandsklageverfahren soll zudem durch besondere Regelungen für kollektive Vergleiche ergänzt werden. Wenn ein Gericht einen kollektiven Vergleich prüft, genehmigt und für verbindlich erklärt, gilt dieser in der Regeln für all Personen, die sich der Verbandsklage angeschlossen haben.

Ausweitung der Rechte umstritten

Der Bundesrat hatte bereits im Frühjahr 2018 eine Vernehmlassung zur einer entsprechenden Anpassung der Zivilprozessordnung durchgeführt. Diese Vorschläge waren sehr umstritten, wie der Bundesrat schreibt. Sie seien schon in der Grundsatzfrage über die Erweiterung der Instrumente zur kollektiven Rechtsdurchsetzung weit auseinander gegangen. Eine knappe Minderheit der Vernehmlassungsteilnehmern habe sich generell gegen jegliche Form der kollektiven Rechtsdurchsetzung ausgesprochen.

Der Bundesrat hat seinen Vorschlag daher entsprechend angepasst. Vorgesehen war ursprünglich die Schaffung eines separaten Gruppenvergleichsverfahrens, worauf die Regierung nun verzichtet. Ebenfalls nicht in Betracht gezogen wird eine Gruppenklage mit individuellen Gruppenklägern nach dem Vorbild der amerikanischen Sammelklage.

(AWP)