Dies könnte die Lebensmittel- und Medikamentenknappheit verstärken und zu einer Inflation im prozentual dreistelligen Bereich führen, wie aus Dokumenten von Fachleuten hervorgeht, in die die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte. Das krisengeschüttelte Land muss demnach in diesem Jahr Zahlungen von 1,3 Milliarden Dollar leisten. Ihm stehen der Wirtschaftswissenschaftlerin Tamara Herrera von Financial Synthesis zufolge bis Jahresende dafür etwa zwei Milliarden Dollar zur Verfügung. "Die Schwäche der Zentralbank bei Devisen hat die finanzielle Verwundbarkeit des Landes verstärkt", konstatierte Herrera.
Zuletzt verfügte Venezuela über 9,9 Milliarden Dollar an Devisen, einer der niedrigsten Werte seit 22 Jahren. Viele der Reserven des Landes liegen allerdings in Form von Gold vor und stehen damit kurzfristig nicht für die Begleichung von Schulden zur Verfügung.
Die finanzielle Lage wird durch Probleme beim staatlichen Öl-Konzern PDVSA verstärkt. Öl-Verkäufe machen mehr als 90 Prozent der Exporte des Opec-Mitglieds aus. Wie Reuters von drei Insidern erfuhr, liegt seit mehr als ein Monat der mit etwa einer Million Barrel Öl beladene Tanker "Karvounis" vor der Küste des US-Bundesstaates Louisiana. Der designierte Käufer PBF Energy findet nach Informationen aus der Schifffahrtsbranche keine Bank, die die notwendigen Geschäfte zur Löschung der Ladung abschließen will. PDVSA lehnte eine Stellungnahme ab, ein Vertreter von PBF erklärte, die Umstände der Lieferung seien vertraulich.
Wegen der politischen Lage in dem Land scheuen internationale Großbanken derzeit vor Venezuela-Geschäften zurück. Die Schweizer Credit Suisse hat ihren Mitarbeitern Transaktionen mit bestimmten Venezuela-Anleihen untersagt.
Gegen Venezuelas Präsidenten Nicolas Maduro kommt es seit Monaten zu Massenprotesten. Dabei wurden mehr als 120 Menschen getötet. Die Opposition wirft dem linksgerichteten Präsidenten vor, mit Hilfe der umstrittenen Verfassungsversammlung das Parlament auszuhebeln und eine Diktatur zu errichten.
(Reuters)