Seit Mitte Januar erhebt die Schweizerische Nationalbank (SNB) einen Negativzinssatz von 0,75 Prozent auf ihren Girokonten. Zwar sind davon noch kaum Kleinsparer direkt betroffen. Aber weil zahlreiche Banken den Strafzins über erhöhte Kontogebühren weitergeben, muss für ein Sparkonto vielerorts draufbezahlt werden.
Es verwundert also nicht, dass viele Sparer nach Alternativen suchen, um der steigenden Gebührenlast zu entkommen. Eine Möglichkeit ist die Flucht ins Bargeld. Seit der Finanzkrise 2008 hat sich die Nachfrage nach Tausendernoten in der Schweiz stark erhöht.
Das zeigt die Entwicklung der letzten Jahre: Während im Mai 2015 Tausendernoten im Wert von 41,6 Milliarden Franken im Umlauf waren, waren es zum selben Zeitpunkt 2013 noch knapp 13 Prozent weniger, nämlich 36,6 Milliarden Franken. Im Jahr 2005 waren es gar nur 20,7 Milliarden Franken. "Unsicherheiten und auch das tiefe Zinsumfeld der letzten Jahre haben das Halten von Bargeld attraktiver gemacht", sagt Silvia Oppliger, Mediensprecherin der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gegenüber cash.
Mehr Tausendernoten im Umlauf
Besonders ins Auge sticht in der Grafik unten, wie sich die Nachfrage nach Tausendernoten Ende 2014 erhöht hat. Damals, Mitte Dezember, kündigte die SNB die Einführung von Negativzinsen an. Seither bleibt die Nachfrage anhaltend hoch - vor allem auch im vergleich zu anderen Schweizer Geldscheinen.
Quelle: SNB, Werte in Mio. CHF
Oppliger bezeichnet die allgemeine Bargeldnachfrage seit der Einführung der Negativzinsen zwar als normal. "Es gab jedoch einige wenige Anfragen nach ausserordentlichen Bargeldbezügen von unseren Geschäftspartnern", so Oppliger. Zu den Geschäftspartnern der SNB zählen Banken und generell Bargeldverarbeiter.
Der hohe Anteil der grossen Noten deute darauf hin, dass Banknoten nicht nur als Zahlungs-, sondern in erheblichem Umfang auch als Wertaufbewahrungsmittel verwendet würden, schreibt die SNB auf ihrer Homepage zu den entsprechenden Statistiken.
Tresore boomen...
Doch wohin mit den Mengen Bargeld und Tausendernoten? Wie mehrere Schweizer Tresor-Hersteller gegenüber cash sagen, hat die Nachfrage nach Geldschränken in den letzten Monaten stark zugenommen. Um 25 Prozent ist beispielsweise der Umsatz beim Zürcher Oberländer Hersteller Dianit angestiegen – alleine im laufenden Jahr.
"Um dieses Wachstum zu bewältigen, leisteten wir Überstunden und stellten neue Mitarbeiter ein", sagt Werner Gubser, CEO von Dianit. Bei den neuen Kunden handle es sich oft um Privatpersonen aus der Generation 50 und älter oder um Treuhänder, die für sich oder für das Geld ihrer Klienten einen Tresor anschaffen. Gubser rechnet auch in Zukunft mit einer zunehmenden Nachfrage nach seinen Produkten.
Beim Tresor-Anbieter Waldis in Rümlang sind die sichersten Tresore am meisten vom Umsatzwachstum betroffen. Deren Inhalt ist bis zu einer Million Franken versicherbar. Beide Firmen registrieren bei ihren Kunden eine zunehmende Beunruhigung in Bezug auf Bargeld. "Allgemein spüren wir, dass der Umgang mit Geld nicht mehr so sorglos ist wie früher", sagt Dianit-Chef Gubser.
Mit ein Grund dafür sind die Strafzinsen der Nationalbank. Auch wenn viele Leute noch nicht direkt davon betroffen sind, würden die Negativzinsen der SNB immer wieder erwähnt, sagt Waldis-Geschäftsführer Urs Menzi zu cash. Die Preise für Tresore variieren stark. Ein Produkt für den Einbau in Wandschränke gibt es für ein paar 100 Franken, während die grössten und sichersten Modelle locker 20'000 Franken kosten können.
...im Gegensatz zu Schliessfächern
Eine weitere Möglichkeit zur Lagerung von Bargeld ist die Miete eines Schliessfachs. Doch es scheint so, als ob diese Option weniger Anklang findet. "Die Zürcher Kantonalbank verzeichnet in den letzten Monaten keine veränderte Nachfrage bei Schrankfächern", schreibt die ZKB auf Anfrage. Als einer der grössten Anbieter von Schliessfächern stellt auch die UBS keine Veränderung seit Einführung der Negativzinsen fest. "Generell ist die Nachfrage nach unseren Bankschliessfächern relativ stabil, über die letzten Jahre betrachtet jedoch leicht rückläufig", schreibt die UBS.
Ein Vergleich des Vergleichsdienstes moneyland.ch vom März hat ergeben, dass die Preise für Bankschliessfächer bei 26 untersuchten Schweizer Finanzinstituten zum Teil sehr unterschiedlich sind. Moneyland weist zudem darauf hin, dass das Schweizer Bankkundengeheimnis zwar der Vergangenheit angehört, das "Bankschliessfach-Geheimnis" aber trotz automatischem Informationsaustausch bestehen bleibt.