Die Schweizer Energieversorger hatten bis zum (heutigen) Mittwochabend Zeit, bei der Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) ihre Tarife und Kostenrechnungen für 2023 anzumelden. Die Elcom prüft nun die Kostenrechnungen und einen angemessenen Betriebsgewinn.

Am kommenden Dienstag werden die Tarife 2023 auf der Strompreiswebseite der Elcom publiziert. Wie stark die Tarife im Durchschnitt steigen werden, will die Elcom erst dann kommunizieren, wie es am Mittwoch auf Anfrage hiess.

Anstieg um 30 Prozent oder mehr

Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) geht laut Mediensprecher Julien Duc davon aus, dass die Hälfte der Energieversorger den Strompreis im kommenden Jahr für Haushalte um 30 Prozent und mehr erhöhen werden.

Eine Umfrage bei 100 Unternehmen, die mehr als die Hälfte des Schweizer Endverbrauchs verkauften, habe dies ergeben. Im Median dürfte laut VSE der Strompreis der Haushalte 2023 rund 28 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) betragen. Im laufenden Jahr lag er bei 21 Rappen pro kWh.

Doch bereits jetzt ist klar, die Strompreise werden in einigen Regionen noch viel stärker steigen. Besonders stark zur Kasse gebeten werden private Kundinnen und Kunden des Schwyzer Energieunternehmens EWS und der Waadtländer Romande Energie.

Die EWS verlangt einen rund 50 Prozent höheren Tarif. Bei der Romande Energie steigen die Strompreise für die meisten Haushalte 2023 um 49 Prozent. Bei bestimmten Verbrauchsprofilen kann die kWh sogar um fast zwei Drittel teurer werden. Deutlich moderater erscheint da die vom Westschweizer Energieversorger Groupe E angekündigte Strompreiserhöhung um durchschnittlich rund 19 Prozent.

Zwischen 24 und 39 Prozent höhere Strompreise verrechnen 2023 die Luzerner Energiefirmen CKW und EWL, das Obwaldner Elektrizitätswerk EWO, die Schwyzer EBS Energie und die Urner EWA Energie. Ein Durchschnittshaushalt bezahlt als EWL-Kunde pro Jahr 24 Prozent mehr, bei CKW und EWO sind es 39 Prozent und bei der EWA rund 30 Prozent mehr.

Preise am Grosshandelsmarkt auf Rekordhöhe

Die Hauptgründe für die steigenden Strompreise liegen in den rekordhohen Preisen am Grosshandelsmarkt, an dem Strom beschafft wird. Diese sind laut VSE bereits Ende des letzten Jahres stark gestiegen aufgrund von höheren Brennstoff- und CO2-Preisen sowie Kraftwerksausfällen insbesondere in Frankreich. Der Ukrainekrieg und die daraus resultierende Energiekrise mit weniger Gas- und Kohleimporten aus Russland und die aktuelle Trockenheit verschärften die Preissituation an den Märkten zusätzlich.

Ein Blick auf die bereits kommunizierten Preiserhöhungen zeigt denn auch, dass Energieunternehmen, die über eigene Kraftwerke beziehungsweise Beteiligungen daran verfügen, ihre Preise im kommenden Jahr weniger stark erhöhen.

Hohe Eigenproduktion zahlt sich aus

Lediglich um rund vier Prozent steigen aus diesem Grund etwa beim Elektrizitätswerk Nidwalden (EWN) und beim Zürcher EWZ die Strompreise für einen Normalhaushalt. Auch der Berner Energiekonzern BKW beliefert in der Grundversorgung die Kundinnen und Kunden hauptsächlich mit Strom aus den eigenen Kraftwerken. Er belässt den Energiepreis gleich wie im laufenden Jahr. Für die Netznutzung verrechnet die BKW 2023 ebenfalls gleich viel wie bisher. Lediglich der höhere Preis von Swissgrid für allgemeine Systemdienstleistungen wird den Kunden verrechnet.

Strom aus eigenen Kraftwerken zahlt sich auch für Kundinnen und Kunden des Bündner Energieunternehmens Repower aus. Die Stromtarife in der Grundversorgung mit dem Standardprodukt steigen um knapp 13 Prozent.

Ein markanter Anstieg der Strompreise steht in Zofingen bevor. Privatkunden müssen laut dem regionalen Energieversorger StWZ Energie 42 Prozent mehr bezahlen. Die Aargauer AEW Energie erhöht 2023 die Strompreise um rund 25 Prozent. Preisdämpfend wirkt sich aus, dass das Unternehmen rund die Hälfte des Stroms selbst produziert.

Privathaushalte sind im teilliberalisierten Strommarkt an den lokalen Versorger in der Grundversorgung gebunden, können also den Versorger nicht frei wählen. Während im Kanton Bern BKW-Kunden glimpflich davon kommen, müssen Stadtberner eine Strompreiserhöhung um 20 Prozent des Energieversorgers Energie Wasser Bern (EWB) hinnehmen.

Während Stadtzürcher rund mit einer Preissteigerung von vier Prozent belastet werden, steigen in Winterthur die Stromtarife im Durchschnitt um 32 Prozent. Das Stadtwerk Winterthur produziert nach eigenen Angaben nämlich nur rund 20 Prozent des Winterthurer Strombedarfs selber. Rund 26 Prozent mehr zahlen müssen Kunden der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ).

Preisüberwacher rät zu tieferen Netznutzungskosten

Der Strompreis der Grundversorgung setzt sich aus den Kosten für Netz (rund 50 Prozent), Energie (rund 30 Prozent) und Abgaben (rund 20 Prozent) zusammen. Preisüberwacher Stefan Meierhans sieht in den Netzgebühren einen Hebel gegen die steigenden Stromkosten.

Laut Meierhans könnte der Bundesrat die Kosten für die Netznutzung anpassen. "Heute sind die Kosten für die Nutzung des Stromnetzes in der Schweiz enorm hoch, weil die Stromnetzbetreiber ihr Kapital fürstlich verzinsen dürfen", erklärte Stefan Meierhans auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der Bundesrat könnte laut dem Preisüberwacher die Rahmenbedingungen so ändern, dass diese Tarife sinken müssten.

(AWP)