Bis Ende Jahr können am Schalter im Stadthaus Zug Dienstleistungen der Einwohnerkontrolle bis zu einem Gegenwert von 200 Franken mit Bitcoin bezahlt werden. Noch nie zuvor war es möglich, an einer öffentlichen Stelle mit einer digitalen Währung Zahlungen vorzunehmen.

Etwa 0,03 Bitcoins kostet beispielsweise bei der Einwohnerkontrolle Zug die Beglaubigung einer Unterschrift sowie die Ausstellung eines Leumundszeugnisses, einer Wohnsitzbescheinigung oder eines Heimatausweises. Bei der Zahlung wird jeweils der aktuelle Franken-Bitcoin-Kurs verwendet.

Bitcoin ist eine digitale Geldeinheit, mit der Überweisungen direkt zwischen den Nutzern über das Internet abgewickelt werden können, ohne dass dazu eine zentrale Abwicklungsstelle notwendig ist. Die Überweisung von Bitcoins wird in Transaktionen abgewickelt, die ähnlich funktionieren wie bei einer Banküberweisung, jedoch ohne Bank.

Zug, die Fintech-Stadt

Als am 1. Juli die Stadt Zug mit ihrem Bitcoin-Pilotprojekt loslegte, war das mediale Interesse enorm. Und das nicht nur in der Schweiz, auch im Ausland: Fernsehstationen und renommierte Zeitungen und Zeitschriften aus Deutschland und den USA berichteten ausführlich über das Pionierprojekt.

Für Zug war diese Aufmerksamkeit natürlich ideales Standortmarketing:  eine Stadt mit einer innovativen und fintech-affinen öffentlichen Hand. Das macht sich gut und unterstreicht Zugs Ambitionen, das "Crypto Valley", also die weltweit führende Region im Fintech-Bereich, zu werden. Zahlreiche Start-Ups aus dieser Branche haben sich in den letzten Jahren im Kanton Zug niedergelassen.

Doch derlei Absichten seien nicht die Motivation für den Bitcoin-Test in Zug gewesen: "Die Einführung erfolgte nicht aus Marketingzwecken", betont Martin Würmli, Stadtschreiber von Zug, auf Anfrage von cash. Viel eher ginge es der Verwaltung darum, sich mit dem Thema auseinandersetzen zu können und gegenüber den bereits in Zug ansässigen Firmen ein Zeichen zu setzen.

Zehn Bitcoin-Transaktionen getätigt bisher

Das Projekt läuft nun bereits zwei Monate. Gemäss Würmli seien in dieser Zeit zehn Transaktionen mit Bitcoin abgeschlossen worden. Bezahlt wurden damit hauptsächlich Kopiebeglaubigungen - etwa eines Passes oder anderer Dokumente -  und Wohnsitzbescheinigungen. Bezüglich Altersstruktur kristallisiert sich eine Tendenz heraus: "Es sind bisher eher jüngere Leute, die vom Angebot Gebrauch machen."

Zehn Transaktionen bei einem Projekt, welches anfänglich weltweit hohe Wellen schlug - das klingt nicht nach durchschlagendem Erfolg. Zumal die Einführung auch mit Kosten verbunden war. Wenn auch nicht mit übermässig hohen: Konkret waren zwei Tablets als Endgeräte, die Schulung der Mitarbeiterinnen und Vorbereitungsarbeiten des Stadtschreibers notwendig.

Stadtschreiber Würmli will jedoch nicht von einem Misserfolg sprechen. Im Gegenteil: Ursprünglich habe die Stadt Zug für die ganze Testphase bis Ende Jahr nur mit zwei bis drei Bitcoin-Transaktionen gerechnet. Nun hat man diese (wenn auch etwas bescheidene) Zielvorgabe um das Mehrfache übertroffen.

Zug bald wie Schweden?

Der Stadt Zug sei es im Rahmen dieses Projektes wichtig, innerhalb der Verwaltung Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain-Technologie zu eruieren. Das geht weit über die Zahlung mit Bitcoin hinaus: "Eine Option wäre etwa die Verarbeitung und Ablage von Grundbucheinträgen via Blockchain", so Würmli.

Hier wäre Zug jedoch für einmal kein Pionier: In Schweden wurden Grundbucheinträge mittels Blockchain-Technologie bereits erfolgreich getestet, wie it-markt.ch im Juni berichtete. Noch diesen Herbst wird dies dort landesweit flächendeckend eingeführt. Dadurch sollen die Prozesse deutlich beschleunigt werden und der Stand der Transaktionen soll für alle Beteiligten umfassend eingesehen werden können.

Bei Blockchain handelt es sich um die Architektur hinter Bitcoin. Stark vereinfacht gesagt ist es eine riesige, verschlüsselte Textdatei, welche sämtliche Transaktionen dezentral und transparent speichert. Dieser Technologie wird grosses Potential attestiert: Nicht nur in der Finanzbranche, auch in vielen anderen Bereichen sollen dadurch Zeitgewinne und vereinfachte Ablaufe möglich sein.

SVP-Widerstand gegen Projekt

Was hält überhaupt die Zuger Bevölkerung vom Projekt des Stadtrats? "Viele Leute nehmen es positiv auf, dass man bei der Stadt Zug mit Bitcoin bezahlen kann", zieht Würmli ein positives Zwischenfazit aus den ersten zwei Monaten. Doch nicht alle Stimmen waren positiv: Negative Reaktionen seien vor allem seitens der SVP gekommen.

Es ist denn auch die SVP Zug, welche im Mai in einem Vorstoss im Stadtparlament ihre Zweifel am Bitcoin-Projekt geäussert hatten. Die Partei betont dort, dass die offizielle Währungseinheit und das gesetzliche Zahlungsmittel der Schweizer Franken sei. Im Zahlungsverkehr spekulative Versuche durchzuführen, sei ausserdem mit erheblichen Risiken für die Steuerzahlenden verbunden.

Der Stadtrat hält in einer im Juli verfassten Antwort auf dieses Schreiben fest, dass es sich bei der Bitcoin-Einführung nicht um ein neues ordentliches Zahlungsmittel handle, sondern lediglich um die Schaffung einer zusätzlichen, virtuellen Zahlungsmöglichkeit. Auch der Vorwurf erhebliche Risiken auf sich zu nehmen, weist der Stadtrat von sich: Das Projekt sei so ausgestaltet, dass keine Verluste entstehen sollten. Im Moment der Entgegennahme würde der Betrag sofort in Schweizer Franken umgerechnet, was ein Kursrisiko praktisch ausschliesse.

Zug scheint in der Schweiz übrigens bis auf weiteres ein Ausnahmefall zu bleiben. Bitcoin-Nachahmer sind nicht in Sicht. Zum Thema zumindest geäussert hat sich die Stadt Zürich: Der Stadtrat kann sich jedoch einen Einstieg erst vorstellen, "wenn die Bedeutung von Bitcoin oder anderen virtuellen Währungen zunehmen und die Rechtslage klarer würde", wie ein Auszug aus dem Protokolls des Stadtrats von Zürich vom 13. Juli 2016 zeigt.

Ob Zug selber das Projekt weiterziehen oder gar ausbauen wird, will der Stadtrat Ende Jahr entscheiden.

(Mit Material von SDA)