Der Kanton Basel-Stadt prescht vor: Dort könnte in der Steuerpraxis der Kanton die Abgaben direkt vom Lohn abziehen. Der Gedanke kommt schweizweit an, wenn man Umfragen aus den vergangenen Jahren glaubt. Sie legen nahe, dass die Mehrheit in der Bevölkerung einen direkten Abzug der Einkommenssteuer befürwortet.
Die Leserinnen und Leser von cash machen da keine Ausnahme: 59 Prozent von fast 3800 Teilnehmern der jüngsten cash-Umfrage finden die Idee gut. Das Thema wird von den Kommentatoren auf der cash-Seite aber auch kontrovers diskutiert.
Die Befürworter des direkten Steuerabzugs in Basel-Stadt nennen als wichtigsten Grund für ihren Vorstoss die Schuldenprävention und führen ins Feld, dass 10 Prozent der Steuerpflichtigen im Zahlungsrückstand seien. Direktabzug würde die private Verschuldung senken. Die Gegenmeinung formuliert cash-User Rino Solari so: "Einfach Mumpitz." Die Massnahme führe nur zu Mehraufwand. Den Nutzen als Massnahme gegen Zahlungsausfälle bezweifelt er.
Politische Diskussion
Sehr direkt formuliert es auch User Fabian Stoll: "Was für ein Theater wegen ein paar Menschen, die nicht mit Geld umgehen können. Ein Wirtschaftsfach in der Schule wäre nützlicher." Hintergrund der Diskussion, wie Steuern erhoben werden, ist in der Tat eine politische und philosophische Frage über den Grad an Eigenverantwortung in der Gesellschaft sowie die Rolle des Staates.
Die liberale Tradition betrachtet Einkommen grundsätzlich zunächst als Eigentum des Einzelnen, und danach erst beanspruchen der Staat beziehungsweise die Allgemeinheit einen Anteil davon. Mit Ausnahme von in der Schweiz wohnenden Ausländern, die quellenbesteuert sind, folgt man hierzulande dieser Leitlinie. Daraus erklärt sich auch, weswegen es eher die bürgerlichen Parteien sind, die gegen die Direktbesteuerung argumentieren.
Die meisten Länder Europas machen es hingegen anders als die Schweiz. Die etatistische, also staatsorientierte Tradition geht prinzipiell davon aus, dass der Einzelne grundsätzlich eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft hat und von Anfang an mit seinem Einkommen auch zur Gemeinschaft beiträgt. Von dort kommt letztlich auch der Gedanke, dass der versteuerbare Teil des Einkommens gar nie in die Hände des Einzelnen gelangt.
Unzufriedener Steuerpflichtiger
Grundsätzlich können Steuerpflichtige heute schon automatisch Steuern einziehen lassen, indem sie einen Dauerauftrag für ihr Steueramt einrichten. Der Unterscheid zum Direktabzug besteht allerdings darin, dass man sich dabei selbst überlisten kann, indem man für eine grössere Aufgabe kurzerhand den Dauerauftrag löscht oder reduziert.
Jenseits staatstheoretischer Betrachtungen argumentieren die Direktabzugs-Gegner unter den cash-Kommentarschreibern auch mit Beispielen aus dem Alltag. Der User "Matt" arbeitet in Grossbritannien, wo die Behörden gleich einen Teil seines Einkommens abziehen: "Wegen der progressiven Steuern und variabler Entgeltung weiss man aber erst am Ende des Jahres, wieviel effektiv fällig ist." Vorsorglich würden zunächst zuviel Steuern abgezogen. Bis der Staat die Differenz begleiche, dauere es mehrere Monate.
«Gute Lösung für andere»
Die Direktabzugs-Befürworter, die in der Umfrage die Mehrheit stellen, machen sich mittels der cash-Kommentarfunktion aber genauso bemerkbar. "Mein Sohn, vor einem Jahr fertig mit der Lehre, tappte genau in die selbe Falle wie ich einst. Die erste Steuerrechnung kommt in diesem Alter oft unerwartet", schreibt User "McTunder".
Mit einem Direktabzug bräuchte es weniger Beamte, die für das Inkasso zuständig seien. Steuerschulden von Einzelnen seien schlussendlich eine Belastung für die Allgemeinheit, schreibt der Direktabszugs-Befürworter McTunder ebenfalls. User Ernst Ruetimann schliesslich schlägt einen versöhnlichen Ton an: Er selbst brauche dieses System nicht: "Aber für andere wäre es eine gute Lösung."
Die Diskussion für und wider den Direktabzug dürfte in der ganzen Schweiz noch weiter geführt werden. Man wird sich auch mehr mit den Details befassen, oder die Erfahrungen am Rheinknie beobachten, sollte die Massnahme wirklich eingeführt werden. Eine Totalumstellung des Steuersystems wollen die Basler übrigens nicht, denn Steuerpflichtige sollen wählen können, ob sie einen Direktabzug vom Lohn wollen oder nicht. Zudem würde die Methode die Einzelnen nicht davon befreien, eine Steuererklärung ausfüllen zu müssen. Schliesslich wird auch nach dem Direktabzug genau ermittelt, wieviel man dem Staat schuldet – auf den Franken genau.