Der Fall der Mauer zwischen den beiden Deutschland habe eine Zeit der Hoffnung eingeläutet. Alle hätten geglaubt, offene Märkte, neue Technologien und der Aufschwung der Demokratie würden Frieden und Stabilität schaffen, sagte der Bundespräsident gemäss Redetext vor rund 1000 Führungskräften aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medien.

Diese vermeintliche Sicherheit habe dazu verführt, die eigene Verletzlichkeit zu unterschätzen. Zuerst die Pandemie, dann der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hätten eine Epoche der Hoffnung zurückgeworfen.

Der Krieg verlange unterschiedliche Antworten. Die politische bestehe aus der kooperativen Neutralität, welche den schweizerischen Werten vollständig entspreche.

Die Neutralität erlaube differenzierte Antworten und müsse sich geopolitischen Tatsachen anpassen. Gegenüber der brutalen Verletzung fundamentaler Rechte könne die Schweiz nicht gleichgültig bleiben, erklärte Cassis.

Drei Szenarien

Wirtschaftlich wisse niemand, wie lange die Unsicherheiten durch den Krieg anhalten. Drei grob skizzierte Szenarien seien denkbar. Das eine sei eine sektorielle Globalisierung mittels Blöcken und regionalen geschlossenen Kreisläufen.

Das zweite Szenario bestehe aus einem dosierten Zurückfahren der Hyperglobalisierung mit einer kalkulierten Renationalisierung systemkritischer Ressourcen und Strukturen.

Drittens käme ein fokussierter Multilateralismus in Frage. Für Cassis wäre dies der "way to go". Damit liessen sich die grossen Probleme wie Klima, Pandemien und Armut lösen, Antworten auf Wirtschaftskrisen, Handelsblockaden und Energieversorgung finden sowie Kriegsgefahren und Massenmigration angehen.

(AWP)