Der Weggefährte von Abe entschied am Montag die Wahl zum neuen Vorsitzenden der Liberaldemokraten eindeutig für sich. Wegen ihrer Mehrheit im Parlament steht damit praktisch fest, dass Suga bei der Abstimmung dort am Mittwoch auch die Nachfolge Abes an der Spitze der Regierung antreten wird. Der 71-Jährige bekräftigte, er werde Abes Kurs aktiver Wirtschaftsförderung fortsetzen. Zu seinem Programm gehöre auch eine Reform der Verfassung, da Teile davon nicht mehr der Realität entsprächen, sagte er in einer Pressekonferenz nach seiner Ernennung. Zu einer möglichen Kabinettsumbildung und einer Neuwahl äusserte sich Suga vage.

Suga dankte Abe für seine Arbeit. Der 65-jährige Abe hatte aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt als Partei- und Regierungschef angekündigt. Abe hat mit seiner nach ihm benannten Wirtschaftspolitik "Abenomics" Japan fast acht Jahre lang geprägt. Der Begriff steht für eine aktive Wirtschaftsförderung aus lockerer Geldpolitik, hohen Staatsausgaben und Reformen.

Suga gilt als Self-Made-Mann. Der Aufstieg des ältesten Sohnes eines Erdbeerbauern im Norden Japans zum Stadtrat in Yokohama bis in die Regierung ist bemerkenswert in einem Land, in dem politische Spitzenämter häufig mächtigen Familien vorbehalten sind. Für viele erweckt Suga eher den Anschein eines Strippenziehers hinter den Kulissen als den einer Führungspersönlichkeit in der ersten Reihe. Nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur legte Suga in Umfragen aber zu. "Ich werde mich voll und ganz für Japan und seine Bevölkerung einsetzen", sagte er am Montag. Er habe es ohne politische Vorkenntnisse und "Blutlinie" geschafft, der Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei mit all ihren Traditionen und ihrer Geschichte zu werden. Suga versprach nicht nur die "Abenomics" weiterzuführen, sondern auch das Land durch die Coronakrise zu steuern und sich mit Themen wie der alternden Bevölkerung und geringen Geburtenrate zu befassen.

Zu Spekulationen, er könne bereits im Oktober eine Neuwahl ansetzen, äusserte sich Suga vorsichtig. Angesichts der Coronavirus-Pandemie müsste dies genau geprüft werden, sagte er. Die nächste Parlamentswahl steht im Oktober 2021 an. Ob LDP-Vizechef Toshihiro Nikai und Finanzminister Taro Aso im Kabinett blieben, habe er noch nicht entschieden. Beide hätten wichtige Rollen inne. Er sei aber zuversichtlich, angesichts der überwältigenden Mehrheit bei seiner Wahl zum LDP-Chef eine stabile Regierung bilden zu können. Suga erhielt 377 der abgegebenen 534 Stimmen.

(AWP)