Laschet setzte sich am Samstag auf dem ersten digitalen Parteitag der Christdemokraten in einer Stichwahl mit 521 Stimmen gegen Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz durch, der 466 Stimmen erhielt. Der dritte Kandidat Norbert Röttgen war in der ersten Runde ausgeschieden, in der Merz noch knapp an der Spitze gelegen hatte. Viele Röttgen-Anhänger unter den 1001 Delegierten schwenkten dann aber zu Laschet über. Laschet warb nach seinem Sieg um Rückhalt auch bei den Merz-Unterstützern. Merz selbst sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er habe Laschet angeboten, sofort Wirtschaftsminister in der Bundesregierung zu werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt laut Regierungssprecher Steffen Seibert eine Kabinettsumbildung aber ab.

Laschet betonte am Ende des Parteitages, dass er nun den Schulterschluss mit anderen Kräften in der Union suche. "Ich will alles tun, dass wir zusammen durch dieses Jahr gehen", sagte er. Die CDU müsse bei den Landtagswahlen erfolgreich sein und bei der "Bundestagswahl dann wieder dafür sorgen, dass die Union den nächsten Kanzler stellt". Auf die digitale Wahl folgt noch eine Briefwahl, bei der die Delegierten nach den Erfordernissen des Parteiengesetzes Laschet noch einmal schriftlich wählen müssen. Das juristisch bindende Ergebnis gibt die CDU am 22. Januar bekannt.

Die CDU wählte am Samstag auch die Stellvertreter, das Präsidium und den Bundesvorstand. Dabei rückte Gesundheitsminister Jens Spahn, der Laschet unterstützt hatte, zu einem der CDU-Vizes auf. Röttgen wurde erstmals ins Präsidium gewählt. Merz hatte sich gegen eine Kandidatur für die erweiterte Parteispitze entschieden. Dies gilt als Hinweis auf das Problem des neuen Parteichefs, die verschiedenen Parteiflügel zu vereinen. Bereits 2018 hatte es nach der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur CDU-Chefin anhaltende Kritik aus dem Lager der Merz-Anhänger gegeben. Auch Kramp-Karrenbauer warb um Geschlossenheit. Der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung MIT, Carsten Linnemann, zeigte sich sehr enttäuscht über die Niederlage von Merz und plädierte vergeblich dafür, dass dieser ins Präsidium rücken sollte. "Ich halte es für verdammt wichtig, dass er an Bord bleibt", sagt er im Sender Phoenix. Merz sei Kandidat der Basis gewesen.

"Die CDU kann nicht nur von Männern aus Nordrhein-Westfalen geführt werden", begründete Merz seinen Verzicht gegenüber Reuters. "In das Präsidium wären bei meiner Bewerbung noch weniger Frauen gewählt worden. Ich habe mich deshalb entschlossen, zugunsten der Frauen auf eine Kandidatur zu verzichten." Laschet wiederum betonte, er habe mit Merz verabredet, zu überlegen, wie man ihn trotzdem in die Partei einbeziehen könne. Unabhängig von Personen müssten die Themen, für die Merz stehe, noch intensiver bearbeitet werden.

Linken-Chefin Katja Kipping verwies auf Twitter auf das relativ knappe Ergebnis: Der neue CDU-Chef werde nun "dem rechten CDU-Flügel so viel Zucker geben müssen, dass die Grünen sich dreimal überlegen werden müssen, ob sie sich tatsächlich auf Gedeih und Verderb der Union hingeben wollen".

Laschet warb in Rede um Vertrauen

Die drei Kandidaten hatten sehr unterschiedliche Bewerbungsreden in der wegen der Corona-Pandemie leeren Messehalle in Berlin an die zugeschalteten Delegierten gehalten. Laschet warb dabei vor allem um Vertrauen, betonte seine Regierungserfahrung und die Fähigkeit, alle Flügel der Parteien zu integrieren. Dabei hatte er sich deutlich von Merz abgesetzt: "Ich höre immer wieder, man muss auch polarisieren können. Ich sage: Nein, muss man nicht", sagte der 59-Jährige. Man müsse das Handwerkszeug einer Politik der Mitte beherrschen, die Fähigkeit zur Einigung. Er dankte Merkel für ihre Arbeit, betonte aber, dass er keinen Status Quo wolle. Die Partei müsse sich wandeln, wehrte Laschet parteiinterne Vorwürfe ab, er stehe nicht für Erneuerung. "Es gibt viele Menschen, die vor allem Merkel gut finden und danach die CDU." Die CDU müsse sich deshalb neues Vertrauen erarbeiten.

Der 65-jährige Merz hob in seiner Rede hervor, dass er die politische Auseinandersetzung wieder in die Mitte holen wolle und erklärte einen klaren Anspruch auch auf die Kanzlerkandidatur. Der 51-jährige Aussenpolitiker Röttgen als jüngster Kandidat unterstrich dagegen sehr stark die nötige Zukunftsorientierung seiner Partei. Er vermied eine Aussage, ob er selbst Kanzlerkandidat werden wolle. "Wir wollen, dass der Kanzlerkandidat der Union der nächste Bundeskanzler wird", sagte er lediglich, ohne auf die nötige Abstimmung mit der CSU einzugehen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte, er werde gut mit Laschet zusammenarbeiten. Zum Thema Kanzlerkandidat der Union fügte der CSU-Chef hinzu: "Und Armin Laschet und ich werden, da bin ich ganz sicher, für alle weiteren Fragen, die mal anstehen, eine gemeinsame, kluge und geschlossene Lösung finden." Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) mahnte, die Arbeit in der Koalition sachlich fortzusetzen. "Für Wahlkampf ist es zu früh", sagte er der "Bild am Sonntag".

(Reuters)