Die in die Konsultation geschickten schärferen Massnahmen kämen wohl zu spät, um zu Weihnachten ein Fiasko mit überfüllten Spitälern zu verhindern. Der "Tages-Anzeiger" rechnete vor, dass jeweils ein Zeitfenster von zwei Wochen nötig sei, um zu erkennen, wie sich die Pandemie entwickle und ob neue Massnahmen wirkten. "Und wenn sie es tun, braucht es mindestens zwei Wochen, bis sich dies in einer Entlastung der Spitäler niederschlägt."

Angesichts rekordhoher Fallzahlen und der Situation in den Spitälern habe die Schweiz allerdings keine zwei Wochen mehr, um zu reagieren, schrieb der "Tagi" weiter. "Der Bundesrat hätte darum diesmal auf eine Konsultation verzichten sollen."

«Wieder einmal zu wenig»

Für das Onlineportal watson.ch sind die geplanten Massnahmen "wieder einmal zu wenig und zu spät für frohe Festtage". Es sei kaum vorstellbar, dass eine Überlastung der Spitäler über die Festtage mit den Vorschlägen verhindert werden könne.

Wenn nötig will die Regierung in einem nächsten Schritt Ungeimpfte von weiten Teilen des öffentlichen Lebens ausschliessen. Nur wer genesen oder geimpft ist, soll noch Bars, Kinos, Restaurants oder Fitnesscenter besuchen dürfen. Für den schlechteren Fall will die Landesregierung alternativ diese Einrichtungen vorübergehend ganz schliessen. Auf jeden Fall will der Bundesrat die Home-Office-Empfehlung in eine Pflicht umwandeln.

«Raffinierte Taktik»

Die "Schweiz am Wochenende" ortete hinter den Vorschlägen eine "raffinierte Corona-Taktik". Eine schweizweite 2G-Regel wirke im Vergleich zu einem Teil-Lockdown geradezu mild.

Das Schweizer Radio und Fernsehen (srf.ch) erwartete einen "Tabubruch" zur Weihnachtszeit mit der landesweiten Einführung der 2G-Regel. Für den Sender dürfte die Frage nicht lauten, ob die 2G-Regel oder ein Teil-Lockdown umgesetzt wird, sondern welche der beiden Varianten.

Ungeimpfte sollen «draussen bleiben»

Die "Basler Zeitung" ermunterte den Bundesrat dazu, die 2G-Regel für möglichst viele Lebensbereiche einzuführen. Nur dies bringe rasch eine Verbesserung der Situation. "Impfverweigerer verlängern die Pandemie und halten den Rest der Gesellschaft in Geiselhaft." Diese sollten "draussen bleiben". Geimpfte hätten inzwischen lange genug "verzichtet".

Ähnlich tönte es beim "Walliser Boten". Dieser sprach angsichts der geplanten landesweiten Einführung der 2G-Regel von einem "Impfzwang". Dieser sei "sehr unschön, aber bitter nötig". Wer sich aus freien Stücken gegen eine Impfung entscheide, müsse Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben akzeptieren. Weil die Behörden beim Ausbau der Bettenkapazität in den Spitälern versagt hätten, bleibe keine Alternative, als den Druck auf Ungeimpfte zu erhöhen.

Keine Wunderlösung unterm Christbaum

"Alain Berset hat keine Wunderlösung, um sie unter den Weihnachtsbaum zu legen", stellte "24 Heures" konsterniert fest. "La Liberté" warnte davor, dass sich in der Mehrheit der Bevölkerung Müdigkeit breitmache. Die Leuten würden seit knapp zwei Jahren "das Spiel" mitmachen und hofften auch dank der Impfung auf wieder ein normales Leben. Doch diese löste bisher nicht alle Probleme. Mehrere Zeitungen kritisierten, die Schweiz habe insbesondere die Booster-Impfungen verschlafen.

Resigniert äusserte sich schliesslich die "Neue Zürcher Zeitung". Dass der Bundesrat der drohenden Triage auf den Intensivstationen in diesen Wintertagen nichts anderes mehr entgegenzusetzen wisse als weitere massive Einschränkungen, zeige letztlich, wie unverantwortlich er mit der Freiheit seiner Bürger umgegangen sei. "Nie hätte der Bundesrat, nie hätten wir Bürger es so weit kommen lassen dürfen, dass wir keinen Handlungsspielraum mehr haben."

Der Bundesrat hatte die Pläne für schärfere Corona-Schutzmassnahmen am Freitag in die Konsultation geschickt. Einen Zeitpunkt für eine Umsetzung nannte er nicht. Er wollte eine solche von der Entwicklung der Pandemie in den nächsten Tagen abhängig machen.

(AWP)