Die britische Fluggesellschaft Easyjet preschte Ende März so vor: Die Airline erwarte, dass die Schweiz Easyjet mit einer Liquiditätsspritze unterstütze. Es war schon damals Tatsache, dass die Barreserven von Easyjet dank der tiefen Kostenbasis noch über ein Jahr ausreichen würden. Swiss-CEO Thomas Klühr hatte zwei Wochen zuvor schon mal vorsorglich gesagt: "Ich zähle darauf, dass der Bundesrat weiss, was die Schweiz an ihrer Airline hat." Und Carsten Spohr, Chef der Swiss-Eigentümerin Lufthansa, erklärte gerade letzten Dienstag an der Generalversammlung der Fluggesellschaft: "Jetzt brauchen wir staatliche Unterstützung. Aber wir brauchen keine staatliche Geschäftsführung".
"Erwarten", "darauf zählen", "brauchen": Es gibt wohl kaum einen Bereich der Wirtschaft, welcher in der Coronakrise mit derart forschen Ansprüchen nach staatlicher Unterstützung an die Öffentlichkeit trat und tritt wie die Flugbranche. Das darf nicht überraschen. Die Airlines und die flugnahen Betriebe sind "Too Big to Fail" für die Volkswirtschaft. Also zu systemrelevant, um sie bankrott gehen zu lassen. Die Flugbranche weiss das genau - deshalb ihre Rhetorik, die etwas Drohendes hat.
Doch machen wir wieder mal den "Reality-Check", den es in solchen ausserordentlichen Lagen braucht: Die privaten Unternehmen sind, erstens, Bittsteller, nicht Forderer nach staatlichen Unterstützungsgeldern. Und wenn die Airlines, zweitens, den Staat oder den Bundesrat öffentlich wegen Finanzhilfe ansprechen, dann meinen sie den Steuerzahler. Denn dieser steht für die Garantien und das finanzielle Risiko gerade. So auch für den gewährten 1,3 Milliarden-Kredit für die Swiss und Edelweiss.
Der Tonfall der Airlines ist, was die lokale Vergangenheit anbelangt, besonders heikel. Denn von staatlichen Feuerwehrübungen hat die Schweiz, die zurecht stolz ist auf ihre liberale Wirtschaftsordnung, nach Swissair und UBS genug. Und der Tonfall kommt ausgerechnet aus einer Branche, die schon vor der Krise mit Reputationsproblemen zu kämpfen hatte: Intransparenz, Umweltschutz, Fluggastrechte. Auch jetzt drückt sich die Branche zum Beispiel wieder vor Rückerstattungen.
Niemand weiss, was in der Coronakrise noch passieren wird. An einen neuerlichen "Bailout" der hiesigen Airline, die in deutschem Besitz ist, wollen wir erst gar nicht denken. Nur schon dieses Beispiel zeigt, dass die Vertreter der Flugbranche mit mehr Demut auftreten sollten.