Gegenüber dem Vorjahresmonat stiegen die Verbraucherpreise um 5,4 Prozent, wie das Arbeitsministerium am Dienstag in Washington mitteilte. Das ist die höchste Rate seit August 2008. Volkswirte hatten hingegen im Schnitt mit einem leichten Rückgang auf 4,9 Prozent gerechnet, nachdem sie im Mai noch bei 5,0 Prozent gelegen hatte.

Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Verbraucherpreise im Juni um 0,9 Prozent. Hier waren lediglich 0,5 Prozent erwartet worden. Die Kerninflation ohne im Preis oft schwankende Komponenten wie Energie und Lebensmittel betrug verglichen mit dem Vorjahresmonat 4,5 Prozent. Auch dies war deutlich mehr als erwartet. Volkswirte hatten mit lediglich 4,0 Prozent gerechnet.

Auch die US-Notenbank (Fed) geht davon aus, dass die anziehende Inflation ein vorübergehendes Phänomen bleibt. Denn im Vorjahresvergleich ergeben sich wegen des Konjunktureinbruchs im Jahr 2020 hohe Preissteigerungsraten. Die Fed stützt die Wirtschaft weiter mit monatlichen Geldspritzen von 120 Milliarden Dollar. Sie will an den Anleihekäufen festhalten, bis substanzielle Fortschritte bei der Preisstabilität und der Arbeitslosigkeit erreicht sind.

Experten sagten in ersten Reaktionen:

Thomas Gitzel, VP Bank: "Die Inflationsrate klettert und klettert nach oben. Doch mit den 5,4 Prozent sollte nun tatsächlich das vorläufige Hoch erreicht sein. Gerade die Normalisierung von Preisen im Dienstleistungssektor und die höheren Gebrauchtwagenpreise schlagen nun auf die Teuerung ohne die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise durch. Doch insgesamt gilt: Es sind noch immer Corona-Sondereffekte am Werk, die spätestens zum Jahresende ihren Schlusspunkt finden werden. Im kommenden Jahr sollte wieder Preisnormalität herrschen."

Bastian Hepperle, Bankhaus Lampe: "Noch ist der Inflationsspuk nicht vorbei. Die Jahresteuerungsraten sollten aber nahe ihre jeweiligen Höhepunkten sein bzw. diese nun erreicht haben. Derzeit sind es vor allem Energiepreise, Corona bedingte Nachholeffekte und die Weitergabe höherer Inputpreise für Güter, die für anhaltenden Inflationsdruck sorgen. Doch all diese Einflussfaktoren sind nicht von Dauer und werden bald an Antriebkraft verlieren. Kehren zudem verstärkt Arbeitskräfte an den US-Arbeitsmarkt zurück, wird sich auch der aktuell leicht erhöhte Lohndruck verringern. Gesamt- und Kerninflationsrate bleiben vorerst zwar noch auf erhöhten Niveaus. Ab dem Frühjahr kommenden Jahres werden sie jedoch wieder deutlich fallen."

Dirk Chlench, LBBW: "Selbst die grössten Pessimisten hatten nicht mit einen derart starken Anstieg der Inflation gerechnet. Die allgemeine Erwartung war, dass die mit dem Ende der Corona-Restriktionen zusammenhängenden Preissprünge, etwa für Hotelübernachtungen und Flugtickets, langsam abklingen. Dem war offenbar nicht so. Wir verzeichnen nun den vierten Monat in Folge mit einer deutlich erhöhten Inflationsrate. In den zurückliegenden sechs Monaten schossen die Konsumentenpreise, auf das Jahr hochgerechnet, mit einer Rate von 7,3 Prozent empor. Angesichts dessen überwiegen bei unserer Inflationsprognose in Höhe von 3,5 Prozent für das Jahr 2021 eindeutig die Aufwärtsrisiken. Die US-Notenbank wird durch die jüngsten Inflationszahlen unter heftigen Druck geraten, ihren ultra-expansiven Kurs zu beenden."

(AWP/Reuters)