Der 44-Jährige habe gegen Bewährungsauflagen verstoßen, hieß es am Dienstag zur Begründung. Nawalnys Anwälte kündigten umgehend Berufung an. Seine Vertrauten riefen nach dem Urteil zu weiteren Protesten in der Hauptstadt auf. Während des Prozesses wurden vor dem Gerichtsgebäude Dutzende Nawalny-Anhänger festgenommen. Bundesaußenminister Heiko Maas kritisierte die Gerichtsentscheidung scharf. Das Urteil sei "ein herber Schlag gegen fest verbriefte Freiheitsrechte und Rechtsstaatlichkeit in Russland", twitterte Maas. Nawalny müsse unverzüglich freigelassen werden.

Das Moskauer Gericht erklärte, die Haftstrafe werde um die Zeit verkürzt, die Nawalny zuvor unter Hausarrest verbracht habe. Details gab das Gericht nicht bekannt. Die Agentur IFX berichtete unter Berufung auf Anwälte, die noch zu verbüßende Strafe belaufe sich damit auf zwei Jahre und acht Monate.

Auch Großbritannien forderte unmittelbar nach dem Urteil die sofortige und bedingungslose Freilassung Nawalnys. Auch alle friedlichen Demonstranten und Journalisten, die in den vergangenen zwei Wochen festgenommen wurden, müssten freikommen, forderte Außenminister Dominic Raab. "Das perverse Urteil von heute zielt eher auf das Opfer eines Giftanschlags als auf die dafür Verantwortlichen", unterstrich Raab. "Dies zeigt, dass Russland die grundlegendsten Verpflichtungen nicht erfüllt, die von jedem verantwortungsvollen Mitglied der internationalen Gemeinschaft erwartet werden."

Die USA zeigten sich zutiefst besorgt über das Urteil und forderten ebenfalls die Freilassung Nawalnys. Die Washingtoner Regierung werde sich eng mit ihren Verbündeten absprechen, um Russland zur Verantwortung zu ziehen, erklärte Außenminister Antony Blinken.

Nawalny war bei seiner Rückkehr nach Moskau am 17. Januar festgenommen und einen Tag später zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Der Kritiker von Präsident Wladimir Putin war im August in Russland mit einem chemischen Kampfstoff vergiftet worden und hatte sich monatelang zur Behandlung in Deutschland aufgehalten. Er macht Putin persönlich für den Anschlag verantwortlich. Die Regierung in Moskau weist jede Beteiligung von sich.