Die beiden Parteien hatten sich am Donnerstag im zweiten Anlauf auf die erste Koalition dieser Art in der Geschichte des Landes geeinigt. Die Finanzmärkte reagierten nach den Turbulenzen der vergangenen Tage erleichtert darauf, dass eine Neuwahl nun vorerst abgewendet ist.

Europa und auch Deutschland stehen allerdings vor einer Belastungsprobe. Denn beide Parteien hatten zuletzt verstärkt Stimmung gegen Brüssel und Berlin gemacht. Auch in dem neuen Kabinett sitzen Minister, die der EU gegenüber kritisch sind. Von den 18 Ministerposten gehen nur fünf an Frauen.

Vor allem mit Blick auf das Thema Migration dürfte sich nun einiges ändern, da Lega-Chef Matteo Salvini als Hardliner in das Innenministerium einzieht. Noch in der Nacht zum Freitag kündigte er an, Migranten "wieder nach Hause zu schicken" statt viel Geld für ihre Unterbringung auszugeben. Italien werde in Europa nun nicht mehr in der zweiten Reihe stehen und in Brüssel um Geld betteln, verkündete er. "Ich will, dass Italien wieder Protagonist in Europa ist." Italien war in der Vergangenheit besonders von der Flüchtlingskrise betroffen, allerdings ist die Zahl der Neuankömmlinge zuletzt stark gesunken.

Rückenwind bekam Salvini sogleich von der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen. Nichts werde die "Rückkehr der Völker auf der Bühne der Geschichte" aufhalten, schrieb die Chefin der Front National (FN) via Twitter.

Das Parlament muss der neuen Regierung noch zustimmen. Da die Lega und die Sterne aber in beiden Kammern die Mehrheit haben, gilt das als ausgemacht. "Die Regierung des Wandels ist Wirklichkeit", erklärte Sterne-Chef Luigi Di Maio auf Facebook. Er soll in der neuen Regierung Arbeitsminister werden und kann dort sein Herzensprojekt umsetzen: das Grundeinkommen für alle. Di Maio und Salvini sind beide als Stellvertreter des Regierungschefs Conte vorgesehen.

Ins Aussenministerium soll der Rechtswissenschaftler Enzo Moavero Milanesi ziehen. Er war bereits in Regierungen unter Mario Monti und dem Sozialdemokraten Enrico Letta für EU-Angelegenheiten zuständig und gilt als gemässigter und international erfahrener Verhandlungspartner.

Das strategisch bedeutsame Finanzministerium soll der Wirtschaftsprofessor Giovanni Tria führen. Der 69-Jährige steht den Mitte-Rechts-Parteien nahe und gilt nicht als Befürworter eines Euro-Austritts. Allerdings habe er Deutschlands Handelsbilanzüberschuss als einen Indikator für das Scheitern des Euros bezeichnet, sagte der Politanalyst Wolfango Piccoli.

Die Zeitung "La Repubblica" nannte Tria einen "Feind Berlins" und rückte ihn ins Umfeld des umstrittenen Deutschland- und Eurokritikers Paolo Savona. Der war ursprünglich fürs Finanzministerium vorgesehen, wurde auf diesem Posten allerdings von Staatspräsident Sergio Mattarella abgelehnt, was die Koalition beim ersten Anlauf zum Scheitern brachte. Savona soll nun für Europäische Angelegenheiten zuständig sein und Brüssel die Stirn bieten.

Wie angespannt die Lage zwischen Rom und Brüssel ist, zeigte auch die neue Aufregung um EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Der hatte mit Äusserungen über Korruption in Italien und mit einer Klage über Schuldzuweisungen an die EU neue Empörung ausgelöst.

Mattarellas Segen beendete die wochenlange Hängepartie. Die Unsicherheit über die Zukunft Italiens und die Euro-kritische Haltung einer Populisten-Allianz hatte die Kapitalmärkte in Alarm versetzt. Bankanalysten hoben aber hervor, dass von Entwarnung keine Rede sein könne. Die neue populistische Regierung werde vermutlich auf Konfrontationskurs zur Europäischen Union gehen, kommentierte Jörg Krämer, Chefökonom der Commerzbank. "Die Krise könnte wieder hochkochen."

Das Regierungsprogramm der Parteien beunruhigt die Märkte und die EU, planen doch die Populisten trotz des immensen Schuldenbergs des Landes Mehrausgaben etwa durch Steuersenkungen und die Einführung eines Grundeinkommens. In Italien belaufen sich die Staatsschulden in absoluten Zahlen auf fast 2,3 Billionen Euro. Das entspricht fast 132 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung und ist damit so hoch wie in kaum einem anderen Land der Welt.

Bei der Wahl am 4. März hatte die Fünf-Sterne-Bewegung 32 Prozent bekommen, die Lega 17 Prozent. Beide Parteien sind von Grund auf verschieden und haben eine sehr heterogene Wählerschaft: Die Lega ist vor allem im Norden stark und stramm rechts. Die Fünf Sterne haben besonders viele Anhänger im armen Süden, für ihre Wähler vom linken Flügel ist die Koalition mit der Lega ein Alptraum.

"Die Haltbarkeitsdauer dieser Regierung wird wahrscheinlich begrenzt sein", sagte Politanalyst Piccoli. Eine Neuwahl sei daher schon im Frühjahr 2019 möglich./lkl/DP/tos

(AWP)