Wie werden sich die Preise für Wohnimmobilien, Büroliegenschaften und Detailhandelsflächen entwickeln?
Wohnimmobilien haben Büro- und Verkaufsliegenschaften in Sachen Preisentwicklung in den letzten Jahren klar abgehängt. Ausschlaggebend waren kontinuierlich sinkende Soll-Mieteinnahmen und stagnierende Betriebsergebnisse kommerzieller Liegenschaften. Demgegenüber konnten die Mieteinnahmen in Wohnportfolios in der letzten Dekade jährlich um rund 2 Prozent gesteigert werden. Angesichts vorhandener Überkapazitäten bei Büro- und Verkaufsflächen auf der einen und sinkender Leerstände bei Mietwohnungen auf der anderen Seite dürfte sich daran wenig ändern. In allen Segmenten werden die Preissteigerungen aber tiefer ausfallen als in den Vorjahren.
Die Kosten fürs Heizen mit Öl und Gas steigen massiv. Welche Folgen haben diese Preissteigerungen für den Markt?
Die Mietnebenkosten bei fossil beheizten, schlecht gedämmten Altbauten dürften bei den aktuellen Preisen für Öl und Gas um bis zu 50 Prozent höher liegen als vor einem Jahr. Damit drohen Einbussen bei der Vermietbarkeit, was sich in einem Wertabschlag gegenüber energieeffizienten Gebäuden äussert. Dies dürfte den Nachfrageschub auf alternative Heizsysteme weiter verstärken, was Kapazitätsengpässe in der Baubranche auslöst und die Sanierungskosten in die Höhe treibt. In der Folge werden Mieterhöhungen unausweichlich, sodass die Haushalte in der Schweiz letztlich mehr Geld für die Miete ausgeben werden müssen.
Könnte eine rasche Abfolge von Zinserhöhungen den Markt in Schieflage bringen?
Erhöht die Nationalbank den Leitzins deutlich über die Nullmarke, so steigen auch die Kosten für kurzfristige Hypotheken, welche bislang noch unverändert tief geblieben sind. Dies dürfte auf die Nachfrage nach Eigenheimen durchschlagen, sodass mittelfristig mit stagnierenden bis hin zu sinkenden Preisen zu rechnen ist. Solange sich aber die Zinsen nicht der 2-Prozent-Marke annähern werden, erwarten wir weder einen Einbruch bei den Immobilienpreisen noch Zahlungsausfälle bei Hypotheken.
Die Mall of Switzerland bei Luzern wurde soeben verkauft. Wie sehen Sie die Geschäftsaussichten für Schweizer Shoppingcenter im Allgemeinen?
Schweizer Shoppingcenter haben sich im letzten Jahr dank der Homeoffice-Pflicht relativ gut behauptet. Doch der Online-Handel jagt dem stationären Handel weiter Marktanteile ab. Die stationären Detailhandelsumsätze erodieren damit in den nächsten Jahren weiter. Einkaufszentren, die ihren Mietermix optimiert haben und attraktive Freizeitangebote anbieten, dürften sich dennoch gut entwickeln. Gesamthaft ist das Flächenangebot von Verkaufsflächen hierzulande aber noch zu gross, sodass Umnutzungen in Logistikflächen oder Gesundheitsdienstleistungen wichtig bleiben.
Ferienwohnungen und -häuser sind gefragt, das Angebot ist vielerorts knapp. Wird dieser Boom anhalten?
Homeoffice und Reisebeschränkungen riefen in den letzten beiden Jahren die Vorteile eines eigenen Feriendomizils in der Schweiz ins Bewusstsein. Aktuell beobachten wir weder Anzeichen einer Abflachung der Nachfrage noch einer Ausweitung des Angebots. Doch der Hype wird abflachen. Die hohen Kaufpreise und steigende Kapitalkosten machen die Ferienwohnung unattraktiv gegenüber Hotelferien. Mittelfristig dürfte der Generationenwechsel zudem für mehr Angebot sorgen.
Welche Schweizer Regionen fernab der Zentren bieten Chancen für Immobilieninvestoren und Private, die Wohneigentum kaufen wollen?
Langfristig zahlt es sich aus, in Regionen mit hoher wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit und robustem Bevölkerungswachstum zu investieren. Regionen im erweiterten Agglomerationsraum der Grosszentren bieten daher aktuell die besten Chancen. In den peripheren Regionen abseits der Zentren heben sich Chancen und Risiken oftmals auf. Der Erfolg steht und fällt dort mit der Mikrolage.
Ein schöner Teil der Schweizer Büroangestellten kann neuerdings zumindest zeitweise von zu Hause aus arbeiten. Was sind die drei grössten Folgen von Homeoffice für den Immobilienmarkt?
Homeoffice verstärkt die Entkoppelung von Wohn- und Arbeitsort und erhöht die Akzeptanz grösserer Pendeldistanzen. Dies zeigt sich in Form eines geringeren Bevölkerungswachstums in den Grosszentren – in Basel, Bern und Genf ist die Bevölkerung im letzten Jahr sogar geschrumpft. Und Eigenheime werten über alle Regionen hinweg fast im Gleichschritt auf, während vor der Corona-Krise die wirtschaftlich starken Grosszentren die Preistreiber waren. Auf dem Büroflächenmarkt fehlt dank Homeoffice die Wachstumsfantasie, und Anpassungen der Büros an die veränderte Arbeitswelt erfordern hohe Investitionen. Gerade in der Peripherie dürften Bürogebäude vermehrt obsolet werden.
Matthias Holzhey ist Leiter Swiss Real Estate in der globalen Vermögensverwaltung der UBS. Er hat die Fragen schriftlich beantwortet.
Dieser Artikel erschien zuerst im Digitalangebot der "Handelszeitung" unter dem Titel: "Haushalte werden letztlich mehr für die Miete ausgeben müssen"