"Annus horribilis", das ist die lateinische Bezeichnung für ein schreckliches Jahr. Bekannt wurde der Ausdruck durch Königin Elizabeth II. Die Queen bezeichnete das Krisenjahr 1992 des Königshauses damals so.
Verglichen mit dem, was dem britischen Adel vor fast 30 Jahren widerfuhr, ist 2020 geradezu ein Superlativ von Schrecken. Unzählige Menschen haben in diesem Jahr mit der Corona-Pandemie enormes Leid erfahren. Gesundheitlich, emotional, wirtschaftlich. Und wir alle gehen mit einem gehörigen Schrecken, einer massiven Verunsicherung und einem dumpfen Ärger aus dem Jahr.
Dennoch, und es mag nun ein wenig pseudopositiv tönen, war 2020 nicht alles schlecht. Die Menschen liessen sich nicht durch Untergangs- und Verschwörungsszenarien verunsichern von Kreisen, die daraus politisches Kapital schlagen wollen. Die raschen fiskal- und geldpolitischen Massnahmen, über deren langfristige Folgen wir uns jetzt mal ausschweigen, konnten noch grössere Konjunkturrückschläge vermeiden. Und: Der massive Rebound der Börsen nach dem nur rund vier Wochen dauernden Crash im Frühling macht bis heute selbst erfahrende Börsianer sprachlos.
Ist nun alles besser? Und wird 2021 zum "Annus mirabilis", also zum wunderbaren Jahr? Nein.
Zwar kam nach jeder Pandemie "ein Boom", auch "die Lebensfreude kam zurück", wie einige Strategen von Banken nun in einem Anflug von Vulgärpsychologie jubeln. Sicher: Den Impfstoffen gegen das Coronavirus ist eine hohe Wirksamkeit nachgewiesen. Allerdings bleiben eine Menge Unsicherheiten bestehen. Entsprechend holprig wird die wirtschaftliche Erholung. Wir dürfen nicht vergessen: Die Welle von Firmeninsolvenzen mit entsprechenden Kreditausfällen ist noch nicht eingetreten, auch wenn die "Default"-Gefahr eines (systemrelevanten) Grossunternehmens kaum mehr wahrscheinlich ist.
Auf die harte Wirtschaftswelt und die ungnädigen Aktienmärkte umgemünzt heisst das: Die Unternehmen müssen ihre Vorschusslorbeeren, die sie in den letzten Monaten von den Börsen erhalten hatten, im 2021 mit überzeugenden Gewinnen bestätigen. Das wird alles andere als einfach. Daher glaube ich, dass das Börsenjahr 2021 nicht von derart viel "Lebensfreude" geprägt sein wird, wie Strategen glauben. Viele Investoren-Erwartungen sind bereits eingepreist. Und wir dürfen auch nicht vergessen: Der Swiss Market Index hatte 2019 bereits mit einem Plus von fast 24 Prozent die beste Jahresperformance seit 2005.
Dem Thema "Börsen im Corona-Jahr 2020 und darüber hinaus" widmen wir auch die diesjährige cash.ch-Jahresendserie. Wir blicken heute und in den nächsten Tagen mit Schwerpunkt-Artikeln auf das Aktienjahr 2020 zurück – und nehmen die Rückschau natürlich auch zum Anlass, nach vorne zu blicken. Den Anfang macht am Mittwoch mein Kollege Henning Hölder mit dem Artikel "Die Aufreger-Aktien des Jahres 2020."
Gleichzeitig möchte ich mich an dieser Stelle, liebe Leserinnen und Leser von cash.ch, für Ihre Treue bedanken und damit vor allem auch das neue Publikum ansprechen. cash.ch hatte in seiner rund 25-jährigen Geschichte noch nie einen derartigen Zuwachs an User-Zahlen wie im Jahr 2020. Der Leser-Traffic bei cash.ch hat sich in Spitzenzeiten im März 2020 verfünffacht. Insgesamt verzeichnet cash.ch im zweiten Halbjahr 2020 laut netmetrix.ch mit etwas mehr als 1,4 Millionen Unique Usern pro Monat einen Anstieg von 240 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das macht cash.ch mit handelszeitung.ch zu den grössten Wirtschafts- und Finanzportalen der Schweiz.
Wir werden alles daran setzen, Sie auch im nächsten Jahr schnell, aktuell und umfassend über das Geschehen an den Märkten zu informieren. Ich wünsche Ihnen bereits jetzt - wie auch immer gelagerte - schöne Festtage. Take care, be responsible and stay positive.