Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat bei ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung am Donnerstag am Leitzins von minus 0,75 Prozent nichts verändert. Ein Senkung des bereits rekordtiefen Leitzinses noch deutlicher in den negativen Bereich hatten Analysten und Ökonomen im Vorfeld ausgeschlossen. Die Lageburteilung der SNB findet viermal im Jahr statt. 

Die SNB betonte ausserdem ihre Absicht, bei Bedarf auch weiterhin "verstärkt" am Devisenmarkt zu intervenieren. Denn sie sieht den Franken weiterhin als "hoch" bewertet an. Die expansive Geldpolitik trage zur Stabilisierung der Wirtschafts- und Preisentwicklung in der Schweiz bei, heisst es zur Begründung.

Anders als in den USA und im Euroraum, haben Notenbank-Chef Thomas Jordan und seine Kollegen auf den Coronavirus-Schock nicht mit Zinssenkungen oder neuen Notfall-Wertpapierkaufprogrammen reagiert.  Stattdessen hat die SNB ihre Währungsinterventionen hochgefahren und im schnellsten Tempo seit Jahren Franken verkauft, um die Aufwertung der Währung einzudämmen. Wegen ihres Status als sicherer Hafen war der Franken im vergangenen Monat gegenüber dem Euro auf ein Fünfjahreshoch geklettert. Die Währungsstärke senkt die Inflation, belastet aber vor allem die Exporteure der Schweiz. 

Die Strategie der Devisenmarkt-Intervention ist nicht ohne Risiken, einschliesslich der möglichen Kennzeichnung als Währungsmanipulator durch Donald Trumps Regierung. Das US-Finanzministerium hat die Schweiz bereits auf eine Beobachtungsliste gesetzt und das nächste Update ist in Kürze fällig.

Wirtschaftliche Aussichten drastisch verschlechtert

Das Coronavirus hat laut SNB auch in der Schweiz die wirtschaftlichen Aussichten drastisch verschlechtert. Für das laufende Jahr rechnet sie mit einem Rückgang des Bruttoinlandproduktes (BIP) um rund 6 Prozent. Damit ist sie im Einklang mit anderen Prognostikern.

"Die Schweizer Wirtschaft befindet sich in einer scharfen Rezession", sagte SNB-Präsident Thomas Jordan an einer Medienorientierung in Bern. Der BIP-Rückgang werde im zweiten Quartal noch deutlicher ausfallen, und es besteht laut Jordan die Hoffnung, dass das Schlimmste überstanden sei.

Dies wäre der stärkste Einbruch seit der Ölkrise in den 1970er-Jahrenm, heisst es weiter. Die Belebung der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte dürfte dann laut der SNB in einem deutlich positiven Wachstum im Jahr 2021 zum Ausdruck kommen. Diese Prognosen seien jedoch mit unüblich hohen Unsicherheiten behaftet, wird betont.

ie Teuerung dürfte über den gesamten Prognosezeitraum bis Anfang 2023 deutlich unter der von der Notenbank festgesetzten Obergrenze von zwei Prozent bleiben. Die SNB kappte ihre Prognosen sogar noch: 2020 dürften die Verbraucherpreise um 0,7 Prozent sinken und im kommenden Jahr um 0,2 Prozent und 2021 dann 0,2 Prozent anziehen.

Keine Freude am Nationalrat

Nicht wirklich überraschend war auch, dass sich die SNB zu den aktuellen Forderungen der Politik zwar eher schmallippig gab - aber doch durchblicken liess, dass sich die Begeisterung in engen Grenzen hält.

Am Mittwoch hatte der Nationalrat entschieden, dass Nationalbankgewinne zur Abzahlung der Corona-Schulden verwendet werden sollen. Darüber hinaus entschied die grosse Kammer, die SNB-Einnahmen aus den Negativzinsen in die AHV fliessen zu lassen.

Auf die Frage, wie die SNB die Entscheide des Nationalrates bewerte, sagte Jordan: "Was Bund und Kantone mit SNB-Geld machen, ist ihnen überlassen." Man werde sich nicht in die Verwendungspläne einmischen. Er glaube aber, dass mögliche Regeländerungen mit der Zeit zu Interessenkonflikten führen könnten. Und eine Zweckbindung halte er für problematisch. Mehr war dem SNB-Chef nicht zu entlocken.

(cash/Bloomberg/AWP)