Banken müssen für ihre Sichtguthaben bei der SNB weiterhin einen Strafzins von 0,75 Prozent bezahlen. Um die Banken zu stärken, erhöht die Nationalbank per 1. April 2020 zudem den Freibetrag, was die Negativzinsbelastung für das Bankensystem reduziert. Ökonomen kommentieren die geldpolitische Lagebeurteilung der SNB wie folgt:

THOMAS GITZEL, VP BANK:

Die SNB lässt ihre Zinsen unverändert. Zinsseitig ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Das kennen wir bereits von der EZB. Das ist auch gut so. Die SNB stellt uns auf schwierige wirtschaftliche Zeiten ein. Die Währungshüter sprechen in diesem Zusammenhang von "ausgeprägten wirtschaftlichen Einbussen".

Wenn die SNB die Zinsen nicht weiter senkt, bedeutet dies nicht, dass die SNB tatenlos zusieht. Man muss die Geldpolitik à la Schweiz verstehen. Das Quantitative Easing der Schweiz sind die Devisenmarktinterventionen. Der Blick auf die wöchentlich publizierten Zahlen zu den Sichteinlagen zeigt, dass die eidgenössischen Währungshüter ihr Interventionsvolumen hochfahren, um eine deutlichere Aufwertung des Franken zu verhindern. Wenn also vielerorts vom geldpolitischen "Schutzschild" die Rede ist, so bilden die Devisenmarktinterventionen das Schutzschild der SNB. Die Schweizerische Nationalbank betreibt eine ultra-expansive Geldpolitik. Bei der EZB spricht man vom Wertpapieraufkaufprogramm, bei der SNB sind es die Interventionen am Währungsmarkt. Beides führt zum gleichen Ergebnis: Die Bilanzsummen der Zentralbanken steigen.

CHARLOTTE DE MONTPELLIER, ING BELGIUM

Die Nationalbank weist darauf hin, dass sie zur Unterstützung der Schweizer Wirtschaft eng mit dem Bund zusammenarbeitet. Dies ist eine wichtige Aussage. Meiner Ansicht nach ist dies eine Möglichkeit, Druck auf die Behörden auszuüben, damit diese einen ernsthaften Plan zur Unterstützung der Wirtschaft auf den Weg bringen. Wir wissen, dass die Schweiz eine sehr niedrige Staatsverschuldung hat und viel Raum für eine expansive Fiskalpolitik hat. Meiner Ansicht nach drängt die SNB eindeutig auf einen massiven fiskalischen Plan und ist bereit, einen solchen Plan nötigenfalls mit geldpolitischen Massnahmen zu begleiten. Der heutige Entscheid unterstreicht meines Erachtens, dass die SNB, wahrscheinlich sogar mehr als alle anderen Zentralbanken, nur über einen äusserst begrenzten Handlungsspielraum zur Unterstützung der Wirtschaft verfügt.

Meiner Ansicht nach könnte der heutige Entscheid ein Zwischenentscheid sein, da die SNB in den kommenden Wochen wahrscheinlich weitere Maßnahmen ankündigen wird. Welche Art von Maßnahmen sie noch ankündigen könnte, ist zum jetzigen Zeitpunkt ungewiss und wird wahrscheinlich stark von den getroffenen fiskalischen Maßnahmen abhängen.

DAVID MARMET, ZKB

Wie erwartet lässt die SNB ihren Leitzins unverändert bei minus 0,75 Prozent. Die erste Verteidigungslinie bleiben Devisenmarktintervention. So interveniert sie verstärkt am Devisenmarkt, um die Aufwertung des Schweizer Frankens zu dämpfen. Wie zu erwarten war – insbesondere nach der gestrigen Ankündigung der EZB – arbeitet die SNB eng mit dem Bundesrat zusammen, um die Schweizer Wirtschaft bestmöglich zu unterstützen. Die SNB geht davon aus, dass das Schweizer Finanzsystem mit ausreichend Liquidität ausgestattet ist. Indem der Freibetragsfaktor der Negativzinsbelastung für das Bankensystem von 25 auf 30 erhöht wird, entlastet sie indes die Geschäftsbanken in dieser ausserordentlichen Situation. Auch für die Schweiz gilt: Es gibt keine Alternative zur Strategie der Eindämmung des Virus. Die wirtschaftlichen Folgeschäden dieser Strategie werden allerdings gross sein. Die Regierung und die SNB versuchen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln sich gegen den Abschwung zu stemmen, die Konkurse abzuwenden und Arbeitslosigkeit zu verhindern. Ob die heute angekündigten Massnahmen der SNB genügen werden, wird sich erst in den nächsten Tagen weisen. 

(Reuters)