Noch ist London an erster Stelle mit bislang 8,4 Milliarden Euro an eingesammeltem Geld in diesem Jahr, wie Daten von Bloomberg zeigen. Die geplanten Notierungen von Cybersicherheitsanbieter Darktrace und Halbleiterfirma Alphawave IP dürften noch hinzukommen.

Aber der Vorsprung schrumpft schnell im zweiten Quartal. Mit der Notierung von Allfunds Group stiegen die IPO-Erlöse in Amsterdam dieses Jahr auf 6,7 Milliarden Euro. Diese Woche könnten nochmal 500 Millionen Euro hinzukommen durch ein Blankoscheck-Unternehmen.

Frankfurt entwickelt sich ebenfalls zu einem starken Anwärter auf Europas Spitzenplatz. Mit Deals im Wert von bislang 4,9 Milliarden Euro boomen Emissionen deutscher Aktien. Unternehmenssoftwareentwickler Suse gesellte sich am Montag zu Online-Autohändler MeinAuto Group, Laborbetreiber Synlab und der Blankoscheck-Firma 468 Kapital bei der Vorbereitung eines Börsengangs.

Genug Liquidität an anderen Börsen

"Es besteht kein Zweifel, dass London für eine Vielzahl von Unternehmen ein äusserst attraktiver Standort für eine Börsennotierung bleibt", sagt Aloke Gupte, Co-Leiter der Aktienmärkte für Europa, den Nahen Osten und Afrika bei JPMorgan. "Aber es gibt auch genug Liquidität für grosse Notierungen an anderen Börsen und viele Unternehmen halten ihren Heimatmarkt für die beste Wahl."

London hat Montag einen weiteren dicken Fisch verpasst: Steinhoff International Holdings NV sagte, die Pepco Group wird in Warschau notiert werden. Dessen Poundland-Läden in Grossbritannien sind zwar bekannt, aber jedes dritte seiner rund 3.000 Geschäfte betreibt das Unternehmen in Polen, laut Vorstandschef Andy Bond das "emotionale Zuhause" des Textileinzelhändlers.

Das Tempo neuer Notierungen in London hat sich nach dem rekordverdächtigen ersten Quartal inzwischen verlangsamt. Der Flop von Deliveroo Ende März war auch nicht gut fürs Image, nachdem Investoren Zweifel an der Bewertung und der Governance hatten.

Amsterdam schon wichtigstes Zentrum für Aktienhandel

Für Amsterdam sind das gute Nachrichten, nachdem die Stadt im Januar nach dem Brexit London bereits als Europas wichtigstes Zentrum für Aktienhandel überholt hatte. Auch ausländische Unternehmen wie den polnischen Anbieter von Paketkästen, InPost, zog es dorthin.

Sowohl Amsterdam als auch Frankfurt haben darüber hinaus mehrere Spacs angezogen. Während das Vereinigte Königreich versucht, seine Börsenregeln anzupassen, um mehr Blankoscheckfirmen den Weg nach London zu erleichtern, kommt das womöglich zu spät - der Boom scheint bereits nachzulassen.

Für normale Börsengänge könnte das Umfeld noch eine Weile interessant bleiben. "Dies ist eine äusserst geschäftige Zeit für den europäischen IPO-Markt, und einigen intensive Wochen könnten noch folgen", sagt Gupte und fügt hinzu, dass der Appetit auf breiter Basis weiter da ist, auch wenn Anleger inzwischen etwas anspruchsvoller sind.

(Bloomberg/cash)