Alleine Deutschland und Italien wollen insgesamt 15'000 der lebenswichtigen Produkte beziehen. "Es besteht eine riesige Diskrepanz zwischen den verfügbaren Beatmungsgeräten und dem Bedarf", sagte Andreas Wieland, der den entsprechenden Bereich des US-Unternehmens Hamilton leitet. Dies zeige sich bereits in Italien, dürfte aber auch auf andere Ländern zukommen. "Leute, die eigentlich auf die Notfallstationen müssen, können gar nicht mehr betreut werden."

Experten gehen davon aus, dass bis zu zehn Prozent der infizierten eine Intensiv-Behandlung benötigen. Die meisten von ihnen werden an Beatmungsgeräte angeschlossen, denn das Coronavirus füllt die Lungen mit Schleim, sodass das Atmen insbesondere für ältere Leute schwer wird. Weltweit sind bisher rund 138'00 Personen infiziert, diese Zahl dürfte sich aber in den Millionen-Bereich vervielfachen.

Darauf reagieren nun auch die Regierungen. Deutschland hat beim Lübecker Medizintechnikkonzern Drägerwerk rekordhohe 10'000 Beatmungsgeräte bestellt. Die wöchentliche Produktion bestimmter Beatmungsgeräte habe Dräger zuletzt deutlich gesteigert, erklärte eine Sprecherin. Bei einem Gerätetyp, der bei Corona-Patienten häufig eingesetzt werde, betrage das Plus mehr als 50 Prozent. Angesichts des weltweiten Bedarfs werden nun Sorgen laut, dass Regierungen für solche Geräte Exportrestriktionen festlegen könnten.

"Wie im Krieg"

"Die Gesundheitssysteme sind nicht für Extremfälle wie Pandemien ausgelegt", erklärt Stefan Blum, Medtech-Experte bei Bellevue Asset Management. In stark betroffenen Gegenden fehle es jetzt an allem: an qualifiziertem Personal, an Geräten, an Verbrauchsmaterial. "In Italien mussten die Ärzte offenbar eine Triage machen wie in einem Krieg und entscheiden, wer an die möglicherweise lebensrettenden Maschinen angehängt wird und wer nicht."

Wieland schätzt, dass Italien vier Mal mehr Geräte benötigt als gegenwärtig zur Verfügung stehen. In den vergangenen Jahren hätten Länder ihre Bestände an Geräten ausgebaut, um eine Krise meistern zu können. "Aber man hat nicht damit gerechnet, dass das diese Dimensionen annehmen könnte."

Trotz des guten Gesundheitssystems steuere auch die Schweiz auf einen Mangel zu. "Wir haben viel zu wenig Beatmungsgeräte oder Intensivstation-Betten für diese außerordentliche Notsituation." Einem Insider zufolge sind Spitäler in dem Land inzwischen daran, ihre Mitarbeiter für den Entscheid zu schulen, wer bei einem Hochschnellen der Fälle an ein Atemgerät angeschlossen wird.

Hamilton will die übliche jährliche Produktion von rund 15'000 Atemgeräten für Intensivstationen, Ambulanzen und Rettungs-Flugzeuge 2020 um rund 30 bis 40 Prozent hochfahren. Nicht nur aus der Schweiz, auch aus den USA, der Türkei oder China bestehe Nachfrage. Beim schwedischen Konkurrenten Getinge laufe die Produktion ebenfalls auf Hochtouren. Die Abhängigkeit von Zulieferern könnte das Wachstum allerdings bremsen, sagte eine Sprecherin. "Bisher haben wir Glück gehabt, aber wir müssen das täglich beobachten." 

(Reuters)