Der Preis dafür, kurzfristig einen Container im Standardmass 40 Fuss von Asien in die USA zu verschiffen, stieg letztes Jahr auf mehr als 20'000 Dollar, verglichen mit weniger als 2000 Dollar vor wenigen Jahren. Schlimmer noch: Ein Mangel an Leercontainern und verstopfte Häfen haben die längerfristig vereinbarten Raten zwischen Spediteuren und Verladern auf schätzungsweise das Dreifache von vor einem Jahr gehievt. Damit dürfen die Raten auch auf absehbare Zeit hoch bleiben.
Die Gewinner sind Reedereien, jenes Rückgrat der Globalisierung im 20. Jahrhundert, die zuletzt jahrelang Geld verloren hatten mit ihrem kapitalintensiven Geschäft. Letztes Jahr fuhren sie geschätzte 150 Milliarden Dollar (132 Milliarden Euro) an Gewinn ein - das Neunfache von 2020.
Die dänische AP Moller-Maersk A/S, der zweitgrösste Containerfrachter der Welt, hat im letzten Jahr wahrscheinlich soviel Geld verdient wie in den neun Jahre zuvor zusammen. Die Aktie erreichte diesen Monat ein Rekordhoch, ebenso wie die der deutschen Hapag-Lloyd, der weltweiten Nummer Fünf. Der Grösste nach Kapazität ist die Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz in der Schweiz, gehört der neapolitanischen Aponte-Familie und veröffentlicht keine Zahlen.
Kritik an Besonderheiten
Der Geldregen für die Reeder hat quer durch das politische Spektrum einen Nerv getroffen. Ökonomen warnen, dass die hohen Transportpreise die Inflation anheizen und den Aufschwung bremsen, und dass das Niveau - anders als früher - länger hoch bleiben könnte.
Angesichts dieser Ausnahmesituation wird von Kundenseite Kritik an schon lange beklagten Besonderheiten des Sektors laut. Hintergrund: Heute kontrollieren gerade mal zehn Containerlinien, angeführt von Maersk, MSC, der französischen CMA CGM und der chinesischen Cosco Shipping Holdings, fast 85 Prozent der Seefracht-Kapazität. Vor 25 Jahren kontrollierten die 20 Grössten gerade einmal die Hälfte des Marktes.
Obwohl offiziell Konkurrenten, arbeiten neun von ihnen in "Allianzen" zusammen, koordinieren Fahrpläne und teilen sich Stellplätze auf Schiffen. Fast überall profitieren Reedereien von Ausnahmeregeln von Wettbewerbsgesetzen, die etwa in den USA mehr als hundert Jahre zurückreichen. Die Preissetzungsmacht ist asymmetrisch geworden, beschweren sich die Kunden. Während der Pandemie wurde das überdeutlich. In den USA sind bereits erste Gerichtsverfahren geführt worden.
«Markt nicht zum Vorteil aller»
"Dieser Markt funktioniert nicht zum Vorteil aller", sagte James Hookham, Direktor des Global Shippers Forum. "Wir glauben, dass dieser Markt untersucht werden muss, um sicherzustellen, dass die Kunden nicht übervorteilt werden".
Die Reeder argumentieren, die hohen Preise seien eine Anomalie, ausgelöst durch das Ungleichgewicht bei Angebot und Nachfrage durch die Pandemie, und werde sich von selbst auflösen. Die Allianzen würden das gesamte System effizienter machen, erklärt John Butler, der Chef des Fachverbandes World Shipping Council. Ausserdem seien für viele der derzeitigen Störungen Probleme beim Transport auf dem Landweg verantwortlich.
"Vor der Pandemie hatten wir fast 20 Jahre lang reichlich Kapazität und wirklich niedrige Preise", so Butler. "Strukturell hat sich in der Branche seither nichts geändert."
Aufseher aus den USA, der EU und China trafen sich wegen des Problems im September, konnten aber bisher keine Hinweise auf wettbewerbswidriges Verhalten in der Containerschifffahrt feststellen. Dennoch sind die Regierungen in Alarmbereitschaft, da die globalen Lieferketten an ihre Grenzen stossen. Auch das Weisse Haus hat sich des Themas angenommen.
Doch der Präsident der US-Seefahrtsbehörde FMC, Daniel Maffei, sagt, dass er nach geltendem US-Recht nur wenig tun könne, um den potenziellen Missbrauch einzudämmen. Eine Gesetzesinitiative im US-Kongress versucht jetzt, die Kompetenzen der FMC zu erweitern. In der EU steht die nächste Überprüfung der Gesetze 2024 an.
(Bloomberg/cash)