Seit dem 16. März sind in der Schweiz grosse Teile des öffentlichen Lebens deutlich eingeschränkt. Restaurants, Vergügungs- und Freizeitorte, zahlreiche Geschäfte und die Schulen wurden auf Geheiss des Bundesrates geschlossen. Der so genannte "Lockdown" soll zunächst bis zum 19. April gelten. Der Bundesrat stützt sich bei seinen Entscheiden auf Notrecht.
Zu Beginn erntete der Bundesrat auf breiter Front Unterstützung und Verständnis für die weitreichenden Massnahmen. Mit der Zeit wurden die Stimmen aus der Politik und der Wirtschaft aber immer lauter, dass der Bundesrat den "Lockdown" ab 19. April teilweise lockern muss. Der Schaden für die Wirtschaft werde sonst zu gross.
Soll der Bundesrat dies wirklich tun? Oder müssen die Einschränkungen weiter in Kauf genommen werden? Das wollte cash von seinen Leserinnen und Lesern wissen. An der Online-Umfrage, die am 1. April aufgeschaltet wurde und bis Montagmorgen lief, nahmen über 12'300 Leser teil, so viel wie noch nie an einer cash-Umfrage. Das ist das Resultat:
Eine knappe Mehrheit, nämlich 54 Prozent oder 6730 Abstimmende, spricht sich gegen eine Verlängerung der bundesrätlichen Massnahmen aus. Eine Lockerung der Verbote müsse eingeleitet werden. 46 Prozent sind für eine Verlängerung der Massnahmen und finden, Gesundheitsschutz und Risikoprävention stünden weiterhin an oberster Stelle.
Angesichts des Drucks, den wirtschaftsnahe Kreise und die Politik in den letzten Tagen aufgebaut haben, ist der Nein-Stimmenanteil nicht dermassen überraschend. FDP-Präsidentin Petra Gössi zum Beispiel hatte gefordert, dass alle Geschäfte wieder öffnen sollen, welche die Sicherheitsmassnahmen des Bundesamts für Gesundheit einhalten können. Die SVP spricht sich schon länger gegen eine Verlängerung des "Lockdowns" aus.
Auf der anderen Seite ist der hohe Anteil der Ja-Stimmen bei der Umfrage (46 Prozent für eine Verlängerung der Massnahmen) insofern bemerkenswert, als dass es sich bei cash-Lesern um eine wirtschafts- und finanzaffine Community handelt. Hier kommen sicher auch der Respekt und die persönliche Betroffenheit dem Coronavirus gegenüber eine Rolle.
Dass das Thema "Lockdown" die Gemüter erregt, sieht man auch bei den Leserkommentaren im Artikel, der zu Beginn der Umfrage publiziert wurde. Pro und Contra wechseln sich hier ab, aber immer wieder wird auch die Forderung nach mehr Corona-Tests in der Schweiz erhoben. "Es sollte endlich mehr getestet werden. (...)
Wie sollen Firmen die Zukunft planen können, wenn kein Mensch weiss, ob ein erkrankter Mitarbeiter/in Corona hatte oder nicht?", so ein Kommentar.
Zeichen stehen auf Verlängerung
Am Mittwoch will sich der Bundesrat ein erstes Mal über die Möglichkeiten eines Exits unterhalten. Die Zeichen stehen auf Verlängerung des "Lockdowns": "Im Moment scheint es illusorisch, dass wir auf den 20. April viel ändern können", sagte Bundesrat Alain Berset in einem Interview mit der "Sonntagszeitung". "Erst wenn die Zahlen der Infizierten und der Spitaleintritte eindeutig sinken, können wir an Lockerungen denken." Die Erfahrung zeige, wer zu früh nachlasse, verlängere die Krise. Der Gesundheitsminister will gar noch härtere Massnahmen bis zu einer Ausgangssperre über Ostern nicht ausschliessen, wenn die Disziplin der Bevölkerung nachlasse.
Immerhin gibt es im Tessin schon Anzeichen für eine Lockerung in Teilen der Wirtschaft. Die Goldraffinerien Argor-Heraeus und Valcambi, die wegen des Coronavirus-Ausbruchs ihre Produktion stillegen mussten, fuhren am Montag nach Genehmigung durch die örtlichen Behörden ihren Betrieb teilweise wieder hoch (zum Artikel).
Österreich geht derweil mehrere Schritte weiter: Das Land will ab dem 14. April schrittweise die Ausgangsbeschränkungen lockern, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz am Montagmorgen mitteilte. Dann sollen Geschäfte mit einer Fläche bis zu 400 Quadratmetern sowie Bau- und Gartenmärkte wieder öffnen dürfen. Ab dem 1. Mai sollen dann alle Geschäfte, Einkaufszentren und Frisöre den Betrieb wieder aufnehmen.