Ab letztem Dienstag wird das Papier im Prime Standard gehandelt. Das Unternehmen will mit seinen milliardenschweren Plänen Investoren locken - institutionelle wie auch private aus der Region am Oberrhein, in der Vulcan Energy den Rohstoff aus Thermalwasser tief in der Erde gewinnen will. Die Geothermie-Projekte bräuchten dringend öffentliche Akzeptanz, sagt Vorstandschef Francis Wedin im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir hätten gerne Gemeinden und Bevölkerung als Investoren an unserer Seite, deshalb bieten wir ihnen die Möglichkeit, Aktien zu kaufen." Während einige Autobauer fest an das Projekt glauben, stösst Vulcan vor Ort auf Widerstand wegen der Sorge, dass die Lithium-Förderung kleinere Erdbeben und damit Gebäudeschäden verursacht.

Volkswagen, Renault und die Opel-Mutter Stellantis sowie die Batteriezulieferer LG Chem und Umicore haben die Abnahme von bis zu 280'000 Tonnen batteriefähigen Lithiumhydroxids ab Mitte des Jahrzehnts über fünf Jahre zugesagt. Es gilt der Vorbehalt, dass Vulcan auch liefern kann. Nach Schätzungen von Geologen birgt die Region genug Lithium für mehr als 400 Millionen Elektroautos, das grösste Vorkommen des Leichtmetalls in Europa. Vulcan will jährlich ab 2025 mindestens 40'000 Tonnen gewinnen, was für Batteriezellen von einer Million E-Autos reichen soll. Die Investitionen kalkuliert das Startup auf 1,7 Milliarden Euro - noch mehr Geld für mehr Kapazität dank hoher Nachfrage der Autoindustrie werde gebraucht, ergänzt Wedin.

Zwei Projekte in Rheinland-Pfalz seien schon fortgeschritten, drei weitere in Baden-Württemberg geplant, erklärt Horst Kreuter, Geschäftsführer Deutschland und Mitgründer von Vulcan. Die Firma kaufte ausserdem die bestehenden Geothermie-Kraftwerke Insheim und Landau. "Insgesamt verfügen wir jetzt über mehr als 1000 Quadratkilometer an Fläche, die wir exklusiv für unsere Projekte nutzen können." Welche Orte es sein werden, sei erst nach der Erkundung mit 3D-Seismik klar. Details dazu wie auch neue Aussagen zum Investitionsbedarf werden in der für Sommer geplanten Machbarkeitsstudie stehen.

Erdbeben-Angst

Vulcan stellt eine Gewinnung in Aussicht, bei der aus Thermalwasser Lithium extrahiert und gleichzeitig die Wärme für nachhaltige Energie genutzt wird. Damit sei die Förderung CO2-neutral. Die bisher üblichen Lithium-Quellen in China, Südamerika und Australien sind energieintensiver Bergbau oder Soleverdunstung, die viel Wasser und Fläche braucht. Bei Lithium made in Germany fielen dagegen Kosten und Emissionen langer Transportwege nicht an. Politikern in Land, Bund und in der Europäischen Union gefällt das Konzept, das zu ihrer Klimaschutzpolitik passt. Aber vor Ort in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gibt es nicht nur Fans.

Bürgerinitiativen (BI) kämpfen schon länger gegen Geothermie-Heizkraftwerke wegen unerwünschter Nebenwirkungen für Hausbesitzer. Am gravierendsten war der Fall Vendenheim auf der französischen Rheinseite, wo Bohrungen mehrmals Erdbeben auslösten und Risse in Tausenden Gebäude verursachten. Viele Geschädigte, auch auf der deutschen Rheinseite, sehen sich durch niedrige Entschädigungen der Versicherung geprellt. Auch im Kraftwerk Landau, das Vulcan nutzen will, kam es durch schwache Erschütterungen vereinzelt zu Schäden und Verunreinigung des Trinkwassers. "Was uns am meisten erzürnt, ist die Ignoranz gegenüber Schäden", sagt Hans Roser, stellvertretender Vorsitzender der BI gegen Tiefengeothermie im südlichen Oberrheingraben. Auch eine bessere Versicherung könne ihn nicht umstimmen. "Wir wollen diese Schäden nicht", betont Roser. "Im Extremfall werden wir den Aufstand proben."

Der Geologe Kreuter tritt Bedenken entgegen. Mit Interviews in der Lokalpresse und Infomobileinsätzen wirbt Vulcan vor Ort für seinen Plan. "Der überwiegende Teil der Bevölkerung kennt Geothermie noch nicht und kann überzeugt werden, wenn man informiert", sagt Kreuter. Doch Kommunalpolitiker seien nach den Beben von Vendenheim, mit denen Vulcan nichts zu tun hatte, skeptisch. "Wir sind gerade dabei, diese zu überzeugen."

Erschütterungen durch Bohrungen und den notwendigen Druck im Wasserkreislauf seien unvermeidlich, aber nicht schlimm. "Wir brauchen kleinste Erschütterungen, um die Fliesswege im Untergrund offen zu halten. Aber wir haben die Technologie und Erfahrung, diese kleinen Bewegungen im Griff zu halten. Sie sind an der Erdoberfläche nicht spürbar", versichert er. Abzweigungen vom Hauptbohrloch wie in der Erdölgewinnung üblich sollen den Druck in der Erde abpuffern. Die Belastung der Anwohner solle so gering wie möglich sein, Trinkwasservorkommen unangetastet bleiben. Für Kleinstschäden sei ein Ausgleichstopf der Firma geplant, für grössere eine Versicherung, die auf dem Neuwert basiert. Da es im Ortenaukreis hakt, hat Vulcan das Erkundungsgebiet nach Norden ausgeweitet. "Manche Verzögerung hat man nicht im Griff. Es ist daher gut, mehrere Pferde ins Rennen zu schicken", sagt Kreuter.

(Reuters)