Der chinesische Online-Riese Alibaba hat während der grössten Rabattschlacht der Welt einen Verkaufsrekord erzielt. Am "Singles Day" wurden Waren im Wert von umgerechnet über 56 Milliarden Dollar verkauft. Der 11. November galt in China unter Studenten ursprünglich als eine Art Anti-Valentinstag für Alleinstehende, weil das Datum nur aus Einsen besteht. 2009 begann dann Alibaba, den Kunden an dem Tag für 24 Stunden hohe Preisnachlässe zu gewähren. Konkurrenten folgten dem Beispiel.
Die Freude über den Verkaufsrekord am Mittwoch wird allerdings arg getrübt. Statt stark anzusteigen, fielen die Aktien von Alibaba am Mittwoch 10 Prozent. Am Dienstag hatten die Titel bereits 5 Prozent nachgegeben. Beim Internet-Konzern Tencent sieht es nicht viel besser aus: Die Aktie schloss am Mittwoch 7 Prozent im Minus, am Dienstag 4 Prozent. Die Titel anderer Tech-Firmen wie Xiaomi, JD.com oder Meituan kamen ebenfalls unter die Räder. In den letzten zwei Tagen wurden damit bei den Tech-Firmen rund 300 Milliarden Dollar an Börsenwert vernichtet.
Grund für die Wertvernichtung: Die Regierung in Peking hat am Dienstag Vorschriften zur Eindämmung monopolistischer Praktiken in der chinesischen Internetbranche vorgestellt. Die Verordnungen sind zwar etwas vage formuliert, aber klar wird daraus: Die Technologieriesen wurden der kommunistischen Führung zu mächtig.
Die Folgen für die Firmen sind noch nicht absehbar. Zhan Hao von der in Peking ansässigen Anwaltskanzlei Anjie sagt aber zu Bloomberg: "Chinas grosse Tech-Gesellschaften müssen ihre Geschäftsmodelle überdenken. Die Philosophie der Internet-Unternehmen ist: 'The winner takes it all'." Diese "Alleskönner" beruhten auf Ökosystemen, die einander zunehmend ähnlich seinen. Und das ist den Staatslenkern ein Dorn im Auge.
Trotz sporadischer Razzien in einigen Bereichen, von Gaming bis zu Online-Fälschungen, konnten Alibaba und Tencent in der Vergangenheit meist ungehindert neue Unternehmen zukaufen und in diese investieren. Die Tech-Riesen wurden zu wichtigen Unterstützern von Startups und bauten sich so weitläufige Imperien auf, die von E-Commerce bis Online-Banking reichen.
Der jüngste Schritt Pekings zur Machteindämmung der Tech-Giganten kommt indes nicht überraschend. So stoppten die chinesischen Regulatoren letzte Woche schon den Börsengang von Alibabas Finanztochtergesellschaft Ant. Es hätte der volumenmässig grösste Börsengang der Welt werden sollen.
Pekings Massnahmen könnte Tech-Firmen in China auf kurzfristige Sicht entmutigen, ihre Aktien an der Börse zu kotieren, sagt Shen Meng von der Investmentbank Chanson in Peking. "Und die von den Massnahmen betroffenen Firmen werden sich Zeit nehmen müssen, um ihre Geschäftsmodelle anzupassen". Anleger sollten sich also zweimal überlegen, bereits jetzt auf Schnäppchenjagd bei Chinas Tech-Giganten zu gehen.
Mit Material der Nachrichtenagenturen Bloomberg und Reuters.