Der Hang Seng schloss am Dienstag mit einem Minus von 6 Prozent auf einem Niveau, das zuletzt vor zehn Jahren gesehen wurde. Der Hang Seng China Enterprises Index sackte sogar 7,7 Prozent ab, nachdem er am Montag den grössten Einbruch seit der Finanzkrise 2008 verbucht hatte. Der Ausverkauf war am Dienstag bei den Aktien der Tech-Giganten Alibaba (-12 Prozent) und Tencent (-10 Prozent) besonders ausgeprägt.

Chinas Aktien werden derzeit als noch riskanter als ohnehin schon wahrgenommen, da Pekings Annäherung an Russland Sanktionen zur Folge haben könnte. Die Sorgen über regulatorische Entwicklungen einschliesslich eines möglichen Delistings von China-Aktien an der US-Börse sind dadurch wieder grösser geworden. Während optimistische Wirtschaftsdaten für einen seltenen Lichtblick am Markt sorgen, trüben die zunehmenden Corona-Lockdowns in chinesischen Grossstädten den Ausblick zusätzlich.

"Der Ausverkauf ist übertrieben, aber alles andere auch", sagte er Andy Maynard, Aktienchef bei China Renaissance Securities. "Der Markt ist verrückt - es gibt keine Fundamentaldaten mehr. Dies könnte schlimmer sein als die Finanzkrise von 2008."

Der Hang Seng Tech Index, der die 30 grössten an der Börse von Hongkong gelisteten Technologie-Unternehmen umfasst, verzeichnete am Dienstag einen Intraday-Swing von fast 9 Prozentpunkten. Dies ist die grösste Bewegung an einem Tag seit dem 27. Juli, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen.

"Wenn der Glaube dahin ist, sind die Menschen bereit, überall Negatives zu sehen. Einige sind sogar misstrauisch gegenüber den soliden Wirtschaftsdaten", sagte Yu Yingbo, Investment Director bei Shenzhen Qianhai United Fortune Fund. "Es ist ein geplanter, hartnäckiger und synchronisierter Verkauf."

Tech-Ausverkauf könnte weitergehen

Der Ausverkauf chinesischer Aktien war besonders heftig im Tech-Bereich. Schon über ein Jahr lang hat das regulatorische Durchgreifen durch Peking auf den chinesischen Technologie-Aktien gelastet. Zuletzt kam noch die drohende geldpolitische Straffung durch die US-Notenbank Fed dazu. 

Die Stimmung gegenüber chinesischer Technologie hatte sich in letzter Zeit in regelrechte Angst verwandelt. Anleger richteten ihre Aufmerksamkeit auf das Risiko von Sanktionen, sollte China Russland Hilfe für seinen Krieg anbieten. Das löste einen 11-prozentigen Einbruch des Hang Seng Tech Index am Montag aus. Analysten von JPMorgan haben einige chinesische Internetunternehmen sogar als "nicht investierbar" bezeichnet.

Der unerbittliche Niedergang hat auch die Bewertung des MSCI China Index im Vergleich zu seinen globalen Konkurrenten auf ein Rekordtief getrieben. Einige Käufer sehen die aktuellen Niveaus daher möglicherweise als zu attraktiv an, um sie zu ignorieren. Ein börsengehandelter Fonds, der die Techwerte des Hang Seng nachbildet, verzeichnete in diesem Monat Nettozuflüsse von 192 Millionen Dollar. Dies ist der grösste Zuwachs seit Dezember.

"Wir sind aus mehreren Gründen in chinesischen Aktien untergewichtet", sagte Cesar Perez Ruiz, Chief Investment Officer von Pictet Wealth Management. Der Börsenexperte nannte dabei die Null-Covid-Politik des Landes, die sich negativ auf das Wachstum auswirkt, als einer der Gründe für seine Haltung. Für chinesische Technologie-Aktien sieht Ruiz weiterhin Abwärtsrisiken: "Die Tech-Branche wird weiterhin unter regulatorischen Herausforderungen, dem Risiko des US-Delisting und dem Gegenwind durch steigende Zinsen leiden."

(Bloomberg/cash)