Die Chancen auf eine Weihnachtsrally schwinden nach Einschätzung von Experten. Wegen der weiter steigenden Corona-Infektionszahlen wird es in der Schweiz oder auch in Deutschland vor dem Fest eine drastische Verschärfung der Pandemie-Beschränkungen geben. Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus Axi: "Auch in anderen europäischen Ländern spitzt sich die Lage zu. Da wird es trotz bedeutender Fortschritte bei den Corona-Impfstoffen für die Anleger immer schwieriger, das Hier und Jetzt zu ignorieren."

Als weiteres Hindernis auf dem Weg zu Kursgewinnen sehen Börsianer die anhaltende Euro-Stärke. Der Kurs der Gemeinschaftswährung bewegt sich mit mehr als 1,21 Dollar auf dem Niveau von vor zweieinhalb Jahren und schmälert dadurch die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Waren auf dem Weltmarkt. 

Streit um Brexit und Konjunkturhilfen

Kopfschmerzen bereitet Investoren ausserdem das Tauziehen um ein Handelsabkommen zwischen Grossbritannien und der EU. "Die Verhandlungen könnten in allerletzter Sekunde zwar noch zum Erfolg führen, das ist aber alles andere als sicher", warnt Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Anleger sollten sich darauf vorbereiten, dass am Ende ein 'schmutziger' Brexit ohne Vertrag kommt, der das Wachstum sowohl auf britischer als auch auf europäischer Ebene lähmen wird."

Auch im Streit um weitere staatliche Konjunkturhilfen in den USA ist kein Durchbruch in Sicht. "In schöner Regelmässigkeit folgen Fortschritte und Rückschläge aufeinander", sagt Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Die Anleger haben sich daran mittlerweile gewöhnt. Und trotz allem glauben sie weiterhin an ein Hilfspaket."

Nationalbank und CS melden sich zu Wort

Kurz vor der Weihnachtspause stehen noch für die Börsen wichtige Termine auf dem Programm. Wie üblich Mitte Dezember wird am Donnerstag die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre geldpolitische Lagebeurteilung vorstellen. Es gilt als quasi sicher, dass die SNB an den Zinsen nichts ändert. Vor nunmehr sechs Jahren, im Dezember 2014, haben die Währungshüter die Einführung von Negativzinsen bekannt gegeben. 

Am Dienstag wird zudem die Grossbank Credit Suisse online ihren Investorentag durchführen. Der krisengeschüttelte Backwarenkonzern Aryzta wird eine Generalversammlung durchführen. Zudem werden die Konjunkturprognosen der ETH Zürich und des Staatsekretariats für Wirtschaft Seco vorgestellt. 

Am Donnerstag findet der Online-Investorentag des Biotechunternehmens Molecular Partners statt. Gleichentags befinden die Aktionäre von Relief Therapeutics über eine Kapitalerhöhung.

Keine Weihnachtsgeschenke der Fed

Aus eben diesem Grund wird die US-Notenbank in der neuen Woche wohl auch keine neuen Geldspritzen verkünden. Für das neuerliche Anschieben der konjunkturellen Erholung setzt man laut Experten auf die Finanzpolitik. Ausserdem betrachte die Fed die aktuelle Wirtschaftsschwäche als vorübergehend. Mit dem wärmeren Frühjahrswetter und den beginnenden Corona-Impfungen rücke ein Ende der Pandemie näher, heisst es aus Marktkreisen. 

Bei den Konjunkturdaten richten Anleger ihre Aufmerksamkeit unter anderem auf die US-Einzelhandelsumsätze am Mittwoch. Der private Konsum gilt als Hauptstütze der weltgrössten Volkswirtschaft. Am Donnerstag folgen das Konjunkturbarometer der Federal Reserve Bank von Philadelphia und am Freitag die US-Frühindikatoren.

Unabhängig davon verfallen zum Wochenabschluss Futures auf Indizes sowie Optionen auf Indizes und einzelne Aktien. Zu diesem Termin schwanken die Aktienkurse üblicherweise stark, weil Investoren die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung bewegen wollen.

(Reuters/cash)